Die ÖAMTC-Flugrettung kämpft mit finanziellen Problemen - im abgelaufenen Jahr 2006 ist die Zahl der Einsätze, die nicht verrechnet werden können, enorm gestiegen. Die fliegenden Notärzte werden in letzter Zeit allzu oft wegen Lappalien angefordert: Im Schnitt wird bei jedem fünften Notruf letztlich kein Patient im Hubschrauber transportiert.
In Niederösterreich ist der Hubschrauber im Vorjahr sogar bei jedem zweiten Einsatz leer zurückgeflogen. Finanziell bedeutet das laut ÖAMTC ein Desaster: Denn Einsätze bei denen kein Patient transportiert wird, können auch nicht verrechnet werden.
Im Schnitt kostet ein Rettungshubschraubereinsatz 2.200 Euro. Kosten, auf denen der ÖAMTC sitzen bleibt, wenn sich z.B. herausstellt, dass der Patient auch mit dem Rettungswagen transportiert werden kann. Im vergangenen Jahr haben sich derartige Fehleinsätze gehäuft, speziell in Niederösterreich, kritisiert der ÖAMTC.
Zu viele Fehleinsätze
Bei Notrufen, die beim zentralen Rettungssystem LEBIG eingehen wird nämlich ein Fragenkatalog abgearbeitet. Das Ergebnis steht quasi schon im Vorfeld fest - nämlich dass ein Hubschraubereinsatz nötig ist, so der ÖAMTC. Fast ein Drittel aller Hubschraubereinsätze sind 2006 in Niederösterreich geflogen worden, die Zahl der Fehleinsätze war dabei exorbitant hoch, bestätigt der Chef der Christophorus-Rettungshubschrauberflotte, Kurt Nordberg. Am 27. Dezember habe Christophorus II in Krems sieben Einsätze gehabt, bei denen kein einziger Patient mitgenommen worden sei. Entweder war die Verletzung nicht so schwer, oder der Einsatz ist noch in der Luft storniert worden. Für die Flugrettung sei das "eine unheimliche finanzielle Last". Nordberg beziffert den Verlust allein in Niederösterreich mit über 2 Millionen Euro.
Versicherungen und Club sponsern
Finanzierbar sei der österreichweite Rettungshubschrauberbetrieb nur über Sponsoren, zwei große Versicherungsunternehmen. Vom ÖAMTC-Seite werde pro Clubmitglied rund ein Euro pro Jahr beigetragen.
Ohne Transport kein Cent
Rein finanziell lohnen sich Rettungshubschrauberflüge, so Nordberg, nur im Sport- und Freizeitbereich - denn hier geht die Rechnung direkt an den Verunglückten bzw. seine Versicherung. Die Sozialversicherung zahlt hingegen nicht für den Einsatz, sondern nur für den Transport. Dieser Pauschalbetrag sei aber ohnehin nicht Kosten deckend. "Wenn also der Arzt noch so viele Menschenleben rettet, und den Patient nicht mitnimmt, sonder dieser z.B. im Notarztwagen transportiert wird, dann bekommen wir dafür keinen Cent."
Veraltetes Verrechnungsschema
Hier sei ein Umdenken nötig, das Verrechnungsschema, das mittlerweile über 50 Jahre alt ist, müsse endlich an die Gegebenheiten des modernen Rettungswesens angepasst werden.
Was den Fall Niederösterreich betrifft, wird es noch im Jänner Gespräche geben, wie die Rettungshubschrauber künftig sinnvoller disponiert werden können.
Quelle: ORF-Online, 03. Januar 06
Die von mir fett markierte Passage kann ich nur voll und ganz unterschreiben. Und selbst, wenn der Patient vom Notarzthubschrauber transportiert wird, sieht der Christophorus Flugrettungsverein häufig kein Geld. Denn die Krankenkasse prüft im Nachhinein, ob der Transportierte mindestens der NACA 3 Klassifizierung (Anmerkung: Erkrankungen und Verletzungen werden von NACA 1 - zB leichte Hautabschürfung, "eingrissener Fingrnagel" bis NACA 7 - Exitus eingeteilt) hatte.
Trifft dies nicht zu, verweigert die Krankenkasse ebenfalls die Bezahlung des Einsatzes. Dies wiederum führt dazu, dass die Notärzte fast zwangsläufig eine möglichst schwere Diagnose (er-) stellen müssen, damit sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Einsatz bezahlt wird, erhöht.
Ein ähnlich unverschämtes Finanzierungssystem betreiben die Krankenkassen übrigens auch beim bodengebundenen Rettungstransport. Fährt ein Notarztwagen zu einer Reanimation (Wiederbelebung) aus, verbraucht dort Material und Medikmanete im Wert von mehreren tausend Euro, wird dieser Einsatz für den Fall, dass der Patient vor Ort verstirbt, ebenfalls nicht bezahlt. Die Hilfsorganisation bleibt auf den Kosten sitzen.
Bei weniger tragischen Fällen führt dies - wie beim Hubschrauber auch - dazu, dass oft Patienten, die vor Ort versorgt und belassen werden könnten, in das Krankenhaus transportiert werden (was die Krankenkasse dann viel mehr Geld kostet) nur damit die Hilfsorganisation Geld für den Transport bekommt ...
![Traurig :(](images/smilies/icon_sad.gif)
Ein derartiges Finanzierungsmodell, welches die Hilfsorganisationen total finanziell ausblutet und bei dem dennoch die Sozialversicherungen tiefrote Zahlen schreiben, gibt es in kaum einem anderen zivilisierten, hochtechnologisierten europäischen Land. Es ist eine Schade. Ich kann dem ÖAMTC (und allen Rettungsorganisationen) nur von ganzem Herzen wünschen, dass sie in harten Verhandlungen eine Verbesserung der Finanzierung erreichen.
Den in anderen Ländern selbstverständlichen Standard, nämlich, dass die Krankenkasse jede erbrachte Leistung zu finanzieren haben, selbst, wenn kein Transport erfolgen sollte, wird man nicht durchsetzen können. Dafür wird schon die politische Freunderlwirtschaft bei den Sozialversicherungen sorgen.