Air-Cargo-Boom in Tschechien/Slowakei
Im Rahmen der kürzlichen Bürozusammenlegung von LH Cargo und SWISS World Cargo (SWC) in Prag gaben beide Unternehmen erstmals auch einen kurzen Einblick in die aktuellen Marktentwicklungen in der nicht nur im Export, sondern auch im Import boomenden Region Mitteleuropas.
So beträgt das gemeinsame Umsatzziel für beide Air-Cargo-Unternehmen in den neuen IATA-CASS-Märkten für 2006 stolze 8 Mio. Euro.
Trotz der guten Anbindung mit den täglichen Lufthansa-Linienflügen in die beiden Hubs Frankfurt und München - mit fünf täglichen Flügen Prag-Frankfurt-Prag und vier täglichen Prag-München-Prag - sind insgesamt 11 wöchentliche Road-Feeder-Services (RFS) notwendig, um das Frachtvolumen in beide Richtungen abwickeln zu können. So führt Lufthansa sechsmal pro Woche einen RFS von Prag nach Frankfurt (täglich außer sonntags) und fünfmal pro Woche einen RFS von Prag nach München (täglich außer sonntags und montags) durch. Zusätzlich wird täglich zwischen Bratislava und Prag ein weiterer "Feeder"-Kurs durchgeführt. Hassan Hatipoglu, LH-Cargo-Manager für Tschechien und die Slowakei, kann sich über einen extrem stark wachsenden Markt freuen. Der aus der Türkei stammende Luftfrachtspezialist, der zuvor jahrelang für LH Cargo in Istanbul tätig war, kann alleine beim Import im Juli auf ein Volumensplus von 45 Prozent verweisen. "Aber auch im Export erzielen wir im Moment Traumzahlen, da sehr viele Unternehmen aus den USA, Deutschland und Westeuropa, aber auch aus Asien große Teile von Produktionsabläufen in die Tschechische Republik und die Slowakei verlagert haben. Zu unseren wichtigsten Kunden zählen neben Bosch, IBM und Motorola auch viele KMUs aus Europa, den USA und Asien, die alle auch als Zulieferbetriebe in der Automobilindustrie tätig sind. Alle diese Stammkunden haben eines gemeinsam: zeitsensible Sendungen, die termingerecht beim Kunden ankommen müssen. Und da zählt zum Glück nicht nur der Preis, sondern eben auch Qualität und Verlässlichkeit", betont Hassan Hatipoglu.
Interessanterweise wird bei LH Cargo von Prag aus auch Bratislava und die slowakische Republik verkaufstechnisch betreut. "Dies wurzelt primär aus historischen und sprachlichen Gründen", betont Rainer Müller auf direkte Anfrage des Verkehr. So sind auch die beiden Märkte von der IATA in Genf zeitgleich in das elektronische Abrechnungssystem zwischen IATA-Frachtfluglinien und Speditionen, Air Cargo Forwardern und KEP-Dienstleistern, dem IATA CASS (Cargo Accounts Settlement System), aufgenommen und frei geschaltet worden.
"Für 2006 beträgt mein Revenue Target für die Verkaufsregion Tschechien und Slowakei sieben Millionen Euro. Nach nur sieben Monaten, Ende Juli, liegen wir bereits bei fünf Millionen Euro", freut sich Hassan Hatipoglu. "Somit werden wir unsere Vorgaben in diesem Jahr mehr als erreichen und sogar weit übertreffen. Und gemeinsam mit SWC und deren einer Million Euro Umsatzvorgabe liegen wir in Europa wirklich sehr gut im Rennen", fasst Hatipoglu zusammen.
Als Hauptmitbewerber im Markt nennen sowohl Rainer Müller als auch Roland Zistler, Österreich-chef von SWC, den National Carrier, in diesem Fall die CSA (OK) für Tschechien, aber auch die AUA Austrian Cargo (OS) für die Slowakei. Naturgemäß sind auch die asiatischen Frachtfluglinien beim Import in den originären Märkten große Konkurrenten, wenn es um die Abwicklung großer Volumensaufträge geht. Doch zum Glück müssten sowohl Lufthansa als auch SWC mit ihren speziellen Produkt-und Nischenstrategien bei vielen Aufträgen, wo es ausschließlich um den Preis und nicht um Qualität gehe, nicht mitkämpfen, betonen in trauter Zweisamkeit Müller und Zistler.
Beide sehen sich selbst auch weiterhin in Europa sehr gut aufgestellt. In Summe ist LH Cargo nach eigenen Angaben zufolge europaweit weiterhin unangefochten die Nummer 1, auf lokaler Ebene meistens die Nummer 2, jeweils immer gleich dem National Carrier folgend, wenn es um Tonnage und Marktanteile geht. Bei SWC sieht man sich in allen Märkten gut in den Top 10 positioniert und gibt auch unumwunden zu, dass man sich meistens in der guten zweiten Hälfte, also den Plätzen 5 bis 10, befindet.
Quelle: "Verkehr" Nr. 35/06 vom 01.09.2006