Gemeinsam sind wir stärker
Im Februar dieses Jahres war die Erleichterung in den Chefetagen der Lufthansa LH förmlich zu spüren: United Airlines UA, Gründungsmitglied der Star Alliance und einer der engsten Partner der LH, flog in ihrem Jubiläumsjahr unter dem Motto "Achtzig Jahre United" nicht mehr unter "Chapter 11", das seit Februar 2003 dem hoch verschuldeten amerikanischen Unternehmen nach amerikanischem Gesetz Gläubigerschutz geboten hatte. Erst jetzt, Anfang August, als United die Geschäftszahlen für das zweite Quartal bekanntgab, gab es ein großes Aufatmen. Denn die zweitgrößte amerikanische Fluggesellschaft bilanzierte zum ersten Mal seit dem Jahr 2000 wieder einen Nettogewinn, exakt 119 Millionen Dollar.
Dieser Erfolg war nicht nur das Ergebnis eines rigorosen Kostensenkungsprogramms, sondern auch den Star-Alliance-Mitgliedern, vor allem jedoch der Lufthansa geschuldet, die United Airlines zwar nicht finanziell unterstützte, die Fluggesellschaft aber mit ihren Zubringerdiensten zuverlässig die Maschinen vom Typ Boeing 767, 747 und 777 füllte, die achtmal pro Tag von Frankfurt und München in Richtung Chicago, Washington D. C. und San Francisco abheben. Auf diese Weise hatte United in Deutschland, einem ihrer wichtigsten Auslandsmärkte, kostenlosen Zugang zu 76 europäischen Flughäfen, von denen aus die deutschen Jets nach Frankfurt und München starteten. Die bayerische Landeshauptstadt entwickelte sich sozusagen nebenbei zum United-Drehkreuz für Italien, während in Frankfurt die United-Flugzeuge beispielsweise mit Lufthansa-Passagieren aus dem Nahen Osten und Indien "gefüttert" wurden. Augenscheinlicher konnten die Vorteile einer Allianz nicht demonstriert werden. Jetzt, in der Krise, begriffen auch die letzten Zweifler am United-Firmensitz in Chicago, daß die Star Alliance ihr Geld wert war. "Die Nähe zur Lufthansa", bilanziert Thorsten Lettnin, General Manager von United für Deutschland, die Schweiz und Österreich, sei "kaum zu überbieten".
Das hat historische Gründe. Als die Lufthansa Mitte der neunziger Jahre die Gründung der Star Alliance initiierte und mit aller Macht vorantrieb, verhandelte sie auch mit dem amerikanischen Marktführer American Airlines. Die weniger auf Amerika fokussierte Unternehmenspolitik von United Airlines aber, mit der die Lufthansa seit 1994 in einer Kooperation verbunden war, behagte den LH-Managern im globalen Monopoly mehr. So kam es 1997, dem Gründungsjahr der Star Alliance, zum Schulterschluß mit United Airlines, der seitdem immer enger wurde. So war man auch bei der Lufthansa erleichtert, als Lettnin jetzt verkündete, United habe im ersten Halbjahr 2006 ein Rekordvolumen von 332 000 Passagieren von Deutschland aus in die Vereinigten Staaten transportiert - und das, obwohl der Transatlantikverkehr Deutschland-Amerika insgesamt um etwa 13 Prozent geschrumpft war.
In diesem Umfeld waren die Auslastungen der United-Maschinen mit 86 Prozent von Frankfurt und fast 84 Prozent von München aus ebenfalls ein großer Erfolg. Vor allem in den gewinnträchtigen First und Business Class legte UA mehr als sieben Prozent zu. Dabei müsse berücksichtigt werden, so Lettnin, daß "wir nicht die billigsten der US-Flieger sind". United bietet als einzige amerikanische Fluggesellschaft im Transatlantikverkehr die First Class an und ebenso die Economy Plus Class, eine vor allem mit mehr Beinfreiheit ausgestattete, zwischen Economy und Business Class angesiedelte Sitzkonfiguration, die nur unwesentlich teurer ist als die Economy Class.
Vom nächsten Jahr an will UA ihre Langstreckenflotte mit einer neuen First und Business Class mit "zukunftsweisendem Komfort" anbieten. Für den Rest das Jahres 2006 erwartet United im Deutschland-Geschäft weiterhin ein Wachstum und einen größeren Marktanteil "entgegen dem Branchentrend".
Quelle: "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 31.08.2006