"... dann flog ein Treibstofftank vorbei"
Flugdienstberater sind die wahren Helden vor dem Abflug: Sie briefen die Piloten und geben Bescheid, wenn unliebsame Konkurrenz wie das Militär die herkömmliche Flugroute stört. Besonders intensiv ist die Vorbereitung der Crew bei Flügen in Krisengebiete wie dem Irak.
Wien - Dieses Service hat wirklich keiner bestellt: Tropische Hitze innerhalb und außerhalb des Crewgebäudes, und Uniformen, die auch bei 40 Grad ein smart anliegendes Beinkleid in Form roter Strumpfhosen vorsehen. Die Flugbegleiterinnen sind dieser Tage nicht zu beneiden. Bevor sich die Mannschaft aber um die Passagiere kümmern kann, beginnt an der technischen Basis in Schwechat erst einmal die penible Vorbereitung auf den Flug. Bei der AUA gibt es täglich vier bis fünf "Wellen", an denen die Flieger geballt den Airport verlassen. Die erste ist um sieben Uhrmorgens, das heißt für die Crew um 5.45 Uhr vor Abflug einchecken. In seperaten Räumen bereiten sich Piloten und Flugbegleiter auf den Einsatz vor. Bevor sich die Piloten in ihre Computer einloggen und die letzten Infos aus dem Unternehmen erhalten, haben die Flugdienstberater bereits ein bis zwei Stunden vorher ganze Arbeit geleistet. Sie sind es, die den Piloten in einer Mappe die Flugunterlagen zusammenstellen. Sie recherchieren die optimale Streckenführung, Windsituation, Treibstoffverbrauch, sie geben Bescheid, welche Piste oder welcher Luftraum gesperrt ist und welche Luftstraße verwendet werden soll. Und sie rechnen die optimale Flughöhe aus: Das hört sich dann so an: "Unterschreiten Sie die angegebene Höhe nicht, denn darunter wird geschossen." Das kommt häufig über Italien und Spanien vor, wenn die Militärs Übungen abhalten. Hans Klikovich, AUA-Kapitän und A320-Flottenmanager: "Ich habe miterlebt, wie über dem Mittelmeer der Treibstofftank eines militärischen Langstreckenfliegers abgeworfen wurde." Einen Sonderstatus in der Vorbereitung hat Erbil im Nordirak, das von der AUA als einziger westlicher Carrier derzeit viermal wöchentlich angeflogen wird. Erbil ist kritisch, sagt Klikovich, "da müssen die Piloten nicht hinfliegen, weil es Kriegsgebiet ist". Es gebe aber genug Freiwillige. Bei der Flugvorbereitung wird Kontakt zum Außenamt und den Nachrichtendiensten gehalten.
Ein eigener Sicheroffizier brieft den Kapitän. Passiert ist bisher noch nichts. Einmal konnte nicht gelandet werden, weil US-Außenministerin Condoleezza Rice unangekündigt im Anflug war und die Amerikaner kurzfristig den Luftraum sperrten. Klikovich: "Wir mussten nach Syrien ausweichen. Unser Problem war, dass die Passagiere Kurden waren und die durften dort nicht aussteigen." Die AUA hat über Erbil eine eigene Luftstraße, die nur sie befliegen darf. Beim Anflug auf Erbil schraubt sich der Flieger in einer Spirale hinunter. Während bei den ersten Flügen die Sorge, beschossen zu werden, im Vordergrund stand, gehe es jetzt darum, genau zu kontrollieren, was an Bord kommt. Drei Kontrollen (mit Maschinen, Hunden und Manpower) sollen verhindern, dass Sprengstoff dabei ist. Um die Sicherheit der Passagiere zu gewähren, habe man auch ständig Kontakt mit den Amerikanern und den örtlichen Behörden. Klikovich nicht ohne Stolz über die guten Beziehungen zu den Kurden: "Wir haben für die Kurden alle Anflugverfahren konstruiert." Die Flieger nach Erbil sind immer voll, "Krisengebiete sind immer geschäftsträchtig", sagt Klikovich.
Ein großes Problem an Bord sind Kinder und Kranke. "Zwischenlandungen nach Herzanfällen nehmen rasant zu", sagt Heinrich Krenn, Leiter der Flugleitzentrale. Besonders schlimm ist, wenn jemand im Flieger stirbt. Klikovich hatte so einen Fall. Niemand bemerkte den Toten, es sah aus als ob er schliefe. Erst als er als Einziger nicht ausstieg, erkannte man, dass er tot war.
Doch der Alltag ist meist banaler: 55 Minuten vor Abflug, bevor es mit dem Crew-Bus zum Flieger geht, ist gemeinsame Besprechung für OS 831 nach Larnaca: Der Pilot: "Es wird ein relativ ruhiger Flug, beim Hinflug haben wir eventuell Gewitter, die Flugtechnik ist in Ordnung." Den Flugbegleiterinnen sagt er: "Wir brauchen ein Schwimmwestenbriefing für die Passagiere."
Die Kabinenchefin informiert über einen Rollstuhlfahrer und über eine Menge Kinder beim Rückflug. Wenig später ist die Sitzung vorbei. Der Kapitän: "Der Flieger kommt aus Kopenhagen, wir fahren pünktlich um zehn Uhr raus."
Bild: Die Flugleitzentrale der AUA hat immer und überall Kontakt zur Crew. Bei allen Flügen innerhalb Europas muss drei Stunden vor Abflug die Euro-Control in Brüssel kontaktiert werden.
Wenn Koffer auf Weltreise gehen
British Airways hält seit Jahren den traurigen Rekord bei verlorenem Gepäck
Seattle/London/Wien - Einen Koffer in Berlin haben ist harmlos, schlimm ist es, einen Koffer British Airways und dem Umstieg in London Heathrow anzuvertrauen. Da kann es schon passieren, wie neulich, dass das gute Stück, in Wien eingecheckt, in Seattle nie ankommt. Und dass der neu erworbene Ersatzkoffer samt Ersatzkleidung, in Seattle eingecheckt, in Wien nicht ankommt.
Solche Geschichten ziehen naturgemäß andere Leidensgeschichten an, wie die der oberösterreichischen Techniker, die ihr Werkzeug bei BA nach San Diego über London eincheckten und es vergeblich am anderen Ende suchten - fünf Tage Stehzeit. Oder die de jungen Paarse auf Rückreise von Vancouver, das Rucksäcke samt Wanderstöcken eincheckte und in Wien einen halben Stock ausgehändigt bekam. Die Erledigung der Schadensmeldung muss noch warten, weil BA nach eigener Auskunft derzeit die Fälle aus dem März aufarbeitet.
Wenn man überhaupt das Glück hat, einen BA-Mitarbeiter ans Telefon zu bekommen. Denn das am Wiener Flughafen treuherzig ausgehändigte Infoblatt nennt eine Telefonnummer, die zwei Tonbandan- Helmut Spudich sagen programmiert hat. Die eine, außerhalb der "Bürozeiten", nennt die Bürozeiten. Die andere, innerhalb der genannten Bürozeiten, "bittet um Verständnis. Leider können wir Ihnen keine Information über Ihr verspätetes Gepäck geben".
British Airways halten seit Jahren unter 24 europäischen Airlines den traurigen Rekord bei verlorenem Gepäck, mit 23 Stück pro 1000 Passagieren. Relativ glimpflich im Vergleich dazu die Verlustrate der Austrian, mit 13,8 Stück pro 1000 Passagieren auf dem 11. Platz. Auf den weiteren Negativplätzen: TAP Air Portugal (21), Lufthansa (18,1), Air France (16,6) und Alitalia (16,5), die positiven Schlusslichter: Turkish Airlines und Air Malta, mit 4,7 bzw. 4,4 Stück. So arg ist bei British der Rückstau, dass vor wenigen Wochen ein Gepäck-Sonderflug nach Nordamerika eingelegt werden musste, weil auf den Linienflügen zu wenig Platz war.
In Heathrow beträgt der Rückstau von BA inzwischen 22.000 Gepäckstücke, die sich nach ihren Eigentümern sehnen, und täglich kommen hunderte dazu - bei manchen werde es Wochen dauern, bis sie ankommen, räumt BA ein. Nach 13 Tagen, im Falle des einen Koffers, immerhin schon nach fünf beim anderen. Für immer Verlorengegangenes landet irgendwann in Sammlungen für karitative Zwecke wie im Fall der AUA. Oder beim "Unclaimed Baggage Centre" in Alabama, das nicht identifizierbares Gepäck von Airlines aufkauft und via Website zur "Schatzsuche" in sein Lager einlädt. Manchmal kann sich das lohnen: Der bisher beste Fund war ein in einer Socke versteckter 5,8-karätiger Diamantring. Aber das, sagt UBC, kommt wirklich selten vor.
Quelle: "Der Standard" vom 21.07.2007