Natürlich kam auf dem Flug auch irgendwann die Frage nach einem Cockpitbesuch auf. Dies wurde mir ermöglicht. Ich begrüßte den Kapitän auf französisch, worauf ich einen Redeschwall in französisch erntete. Ich erklärte dem Kapitän, dass mein französisch nicht so gut sei und fragte ihn, ob er englisch sprechen könnte. Der äußerst freundliche, etwas ältere, Kapitän meinte: "Oh, yes, a little bit ..."
Er stellte mir den sehr freundlichen jungen Copiloten (ca. 23-25 Jahre) vor, der allerdings nur Arabisch und Französisch sprach. Fragte ich also den Co etwas, musste ich es zuerst dem Kapitän auf Englisch sagen, dieser wiederum übersetzte es dem Ersten Offizier auf Arabisch. Er antwortete dann auf Arabisch, und die Antwort übersetzte mir der Kapitän in seinem holprigen Englisch. Recht witzig. Die beiden waren sehr freundlich und machten einen durchaus kompetenten Eindruck, wenngleich natürlich die im Vergleich zu mtteleuropäischen Cockpits einerseits sehr legere Allgemeinstimmung, andererseits die überdurchschnittlich ausgeprägte Hierarchie "Kapitän - Erster Offizier" deutlich spürbar waren. Der Kapitän erzählte von seiner Ausbildung bei der Luftwaffe, und dass er vor der 737 auf der 727 geflogen sei, die ihm viel besser gefallen habe.
Als wir über Italien waren, erhielten wir - kaum verständlich - einen Funkspruch von der Flugverkehrskontrolle. Der Kapitän drehte sich daraufhin zu mir um und meinte (in einem ebenso miesen Englisch) : "Täääärrriiiiibl Iiingliiisch this itäääliään kontrooooler ..."
Verständlich, dass ich es mir verkneifen musste, zu lachen. Der Copilot jagdte einstweilen mit einer zusammengerollten Zeitung eine Fliege im Cockpit und hatte sichtlich seinen Spaß dabei. Wir plauderten über Gott und die Welt und vernehmlich natürlich über die Fliegerei. Ich weiß nicht mehr wie lange, aber ich war eine ziemlich lange Zeit in der Kanzel. Als ich mich dann bedankte und verabschiedete, fragte mich der Kommandant, ob ich denn nicht bei der Landung im Cockpit sein wolle.
Ich konnte mein Glück kaum fassen und bejahte natürlich. Dann fragte er mich nach meiner Sitznummer und meinte, er würde mich und meine mitreisende Freundin/Kollegin holen lassen. Ich sagte ihr das, und obwohl sie nicht so ein Flugenthusiast war/ist, wie ich es bin, gefiel ihr diese Möglichkeit und sie sagte zu. Es wurde Nacht, der Sinkflug begann, die Zeichen "Bitte anschnallen" und "Nicht rauchen" erschienen über unseren Köpfen. Ich saß wie auf glühenden Kohlen. Jedesmal, wenn die Flugbegleiterin vorbeiging, wollte ich schon nachfragen, ob sie denn auf mich vergessen habe. Doch ich beherrschte mich. Schließlich bat sie uns ins Cockpit. Der Kapitän und sein F/O begrüßten uns beide mit der typisch arabischen Freundlichkeit.
Ich erhielt den fest installierten Jumpseat hinter dem Sitz des Kapitäns, während meine Freundin den ausklappbaren Jump im Durchgang zum Cockpit bekam. Auch hier fiel mir wieder die im Vergleich zu Mitteleuropa lockere Art (bedenklich) auf. Es gab keinerlei Einweisung auf die Sauerstoffmasken oder wie man den Jump im Notfall rasch einklapen kann.
Wie auch immer, so saßen wir dann bei dunkler Nacht zu viert mit einer Foto- und einer Videotasche im engen Cockpit der 737. Die Atmosphäre war einzigartig. Ich habe so etwas nie wieder erlebt. Die Besatzung führte routiniert den Anflug durch, wobei der Funkverkehr auf Französisch abgewickelt wurde. Auf einmal drehte sich der Kommandant um und meinte zu uns: "Copilot will make landing - he's very good pilot ..."
Dieser drehte sich daraufhin zu uns um und grinste uns wie ein Spitzbub an. Offensichtlich war es für ihn eine Freude und Ehre, dass ihm sein Kapitän gestattete, vor Publikum die Landung durchzuführen. Die hell erleuchtete Piste tauchte vor uns auf, während wir durch die Nacht flogen. Unbeschreiblich schöne Momente, die Videokamera lief. Dann setzten wir auf, oder besser gesagt, schlugen auf. Landung und Abbremsmanöver waren schrecklich. Allerdings lag das weniger an den Fähigkeiten des Pilot Flying als vielmehr am besch....eidenen Zustand der Piste. Nachdem wir angedockt hatten, verabschiedete uns die Crew äußerst freundlich und wünschte uns einen angenehmen Aufenthalt, welchen wir auch hatten ...
