"Dem Flugzeug ist die Krise egal"
Geschäftsrückgang beschleunigt Trend zur Wartung in Billigländern
Kurt Hofmann
Malta/Hamburg/Wien - Der Trend der vergangenen 20 Jahre, die Wartung von Verkehrsflugzeugen von den Hochlohnländern Mitteleuropas zu jenen mit niedrigeren Gehältern in Südeuropa oder Asien auszulagern, hält an. "Die klassische Flugzeugwartung ist in Europa zu teuer geworden", erläutert Wilhelm August Henningsen, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa Technik (LHT) im Gespräch mit dem Standard auf Malta. Dort hat der weltweit führende Anbieter von Flugzeugwartung vergangenen Samstag drei Hangars im Wert von 60 Millionen Euro eröffnet.
Bis zu 24 Großraumjets Airbus A330/340 sowie zahlreiche Mittelstreckenflugzeuge sollen in Malta pro Jahr einen sogenannten C-Check durchlaufen. Diese Wartungsarbeiten sind ungefähr alle 18 Monate notwendig, dauern bis zu vier Wochen bei 20.000 bis 50.000 Mannstunden und kosten rund drei Mio. Euro. LHT unterhält weltweit 32 Produktionsstandorte.
Damit Flugzeugwartung für den Lufthansa-Konzern profitabel bleibt, ist Kosteneffizienz notwendig. Denn der Druck der Airlines, günstiger zu produzieren, nimmt zu. "Wenn es uns gelingt, bei 50.000 Mannstunden zehn Prozent einzusparen, ohne die Qualität zu beeinträchtigen, stärken wir unsere Wettbewerbsfähigkeit. Denn einem Flugzeug ist die Wirtschaftskrise egal. Es muss in die Wartung", so Henningsen, ob nach Malta, Manila oder Xian in China. Wartungsaufträge werden meist an den günstigsten Anbieter vergeben, müssen aber die geforderten Wartungsstandards der Aufsichtsbehörden und Airlines gewährleisten.
Dabei unternehmen Flugzeuge oft kuriose Wege. So sendet die heimische AUA einen Teil ihrer Airbus A320 nach Budapest zu einer LHT-Filiale, die Boeing 777 kamen zur Neubemalung nach Peking. Umgekehrt kümmert sich die AUA wiederum um Airbus A330/340 Jets der Lufthansa oder bearbeiten Komponenten für Boeing 777 im Auftrag der LHT. So mancher Niki Airbus A320 wurde im jordanischen Amman gecheckt.
In der gegenwärtigen Krise ist die Abteilung Technik der AUA mit rund tausend Mitarbeitern überdimensioniert. Zwar helfen Aufträge von Konkurrenten wie SkyEurope oder die Vermietung eines Hangars an Niki, doch seit 1. April gilt auch bei den Technikern in Wien Kurzarbeit. Die 26.000 LHT Mitarbeiter sollen hingegen ohne Kurzarbeit und Kündigungen durch die Krise kommen. "Wir investieren viel in die Ausbildung unserer Mitarbeiter, dadurch wollen wir diese nicht verlieren." Flexibelste Arbeitszeitmodelle und Effizienzsteigerung sollen helfen. "Der globale Abschwung wird auch uns im Verlauf des Jahres stärker belasten als bisher", ist Henningsen sicher. Wartungsunternehmen werden Teile ihrer Angebote schließen, manche Mitbewerber werden komplett zusperren.
Aber auch LHT muss nach neuen Möglichkeiten suchen, da neueste Flugzeugmodelle weniger Wartung brauchen. Der Fokus richtet sich auf Spezialbereiche wie Triebwerkswartung oder die Umrüstung von Verkehrsfliegern in teure Privatjets. LHT erzielte 2008 einen Umsatz von 3,7 Mrd. Euro.
Quelle: "Der Standard" vom 10.04.2009