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Post by LOWA » 5. Jan 2007, 11:15

Flüge in die Pleite

Von: Rainer Ranetzky

Aufstieg und Fall liegen oft nah beieinander. Faktum bringt die Story Aufsehen erregender Pleiten im turbulenten Geschäft der Luftfahrer. Am Beispiel von PanAm, Delta, Swissair, Sabena oder Styrian Spirit.

Airlines sind nationale Ikonen, sie sind der Stolz von Staaten und Bürgern, ihr Wohl und Weh, ihre Befindlichkeiten werden in den Medien nicht selten so aufgeplustert, dass man glauben könnte, die Existenz eines ganzen Landes hinge davon ab, ob es einem so genannten National Carrier gut geht oder nicht. Richtig gut geht es den meisten traditionellen Fluglinien schon lange nicht mehr und viele verschwanden mit den Jahren von der Bildfläche oder mussten zum Konkursgericht pilgern. Die gern zitierte Kostenschere hatte ihnen den Lebensfaden abgezwickt. Und die Kunden scheren sich nicht um nationale Gefühle, sie buchen dort, wo es am billigsten ist. Aus purem Nationalstolz kauft heute keiner mehr ein teures Ticket. Ein kleiner Rückblick auf Pleiten der vergangenen Jahre ergibt ein interessantes Bild des turbulenten Marktes und entbehrt nicht einer gewissen Nostalgie.

Ältere von uns erinnern sich an eine Airline, die damals alles verkörperte, was US-Amerika den Europäern voraus hatte: Pan American Airlines war die erste globale Fluglinie der Welt. Sie verkörperte Eleganz und den Glauben an eine prosperierende Zukunft. Wo Amerika war, war PanAm. Man sah das blaue Logo in James-Bond-Filmen ebenso wie in allen Lifestyle-Magazinen und Stars wie die Beatles flogen selbstverständlich mit PanAm. Doch als 1988 Terroristen über dem schottischen Lockerbie eine Boeing 747 der PanAm sprengten, wobei alle 259 Passagiere ums Leben kamen, ging's bergab. Weil die Fluggesellschaft zu einem Symbol der USA schlechthin geworden war, schien sie ein bevorzugtes Ziel für weitere Anschläge zu sein und die Kunden hatten Angst, mit PanAm zu reisen. Die Fluggastzahlen gingen drastisch zurück, drei Jahre später wurde PanAm von Delta Airlines übernommen. Als sich der Geldgeber Delta Airlines zurückzog, brach auch der kleine Rest von Pan American Airlines zusammen. Marke und Logo wurden verkauft. Nicht schlecht staunt man heute, wenn man das berühmte Logo an der Schwanzflosse eines Flugzeuges auf einem US-Flughafen wiederentdeckt: Marke wie Logo wurden von einer kleinen Regionalflugline übernommen, die sich "PanAm Clipper Connection" nennt. Dem Vernehmen nach soll allerdings die kleine Airline schon jetzt mit den Problemen ihrer großen Vorgängerin kämpfen und am Rande des Konkurses stehen. Überdies dürfte ein Manager eine Menge Geld veruntreut haben - eine Situation, die in den USA dieser Tage nicht ganz unbekannt ist.

Riesen auf tönernen Füßen

Während in den achtziger und frühen neunziger Jahren ein harter Konkurrenzkampf, der zu überbestückten Li-niennetzen und monströsen Schuldenbergen führte, den US-Airlines den Garaus machte, kamen später die Folgen der Anschläge vom 11. September 2001, die Billig-Airlines als erfolgreiche Mitbewerber und explodierende Kerosinpreise als Hauptursachen dazu. Seit Herbst 2001 mussten nicht weniger als 14 US-Fluglinien ein Insolvenzverfahren beantragen. Traditionsfirmen wie TWA oder Eastern verabschiedeten sich gänzlich vom Markt. Im Jahr 2002 flüchtete sich United Airlines, die nach Passagierzahlen zweitgrößte Fluggesellschaft der Welt, unter den Schutz von Chapter Eleven des Konkursrechts, das damit eine Sanierung ermöglicht. Der Turnaround gelang und nach Jahren enormer Verluste konnte kürzlich im zweiten Quartal 2006 der erste Gewinn seit dem Jahr 2000 verkündet werden. Mit frischem Geld eines Bankenkonsortiums konnte United Airlines die Aufhebung des Insolvenzverfahrens erwirken.

Weniger rosig sieht es bei Delta Air Lines aus. Delta, die drittgrößte US-Airline, hatte wie auch Northwest Airlines im Herbst vergangenen Jahres Insolvenz angemeldet und den Schutz vor Gläubigern in Anspruch genommen. Im letzten Quartal dieses Jahres wurden die hohen Verluste noch einmal vergrößert und betrugen netto 2,2 Milliarden Dollar. Trotzdem glaubt Delta-Boss Gerald Greenstein sein Unternehmen auf gu-tem Kurs. Zum Überleben braucht man jedenfalls mindestens 3 Milliarden Dollar, die aus Umsatzsteigerungen und Kosteneinsparungen aufgebracht werden sollen.

Turbulente Vorgänge am 2. Oktober 2001 erschütterten jeden Eidgenossen. Die Jets der geliebten nationalen Fluglinie Swissair waren am Boden geblieben, die Banken hatten den Geldhahn zugedreht, die Firma war pleite. Schalter der Swissair schlossen einfach, niemand kümmerte sich um die Fluggäste, die nicht mehr wussten, wie sie weiter fliegen sollten. Sie schliefen auf den harten Böden der Flughäfen, wo sie gerade gestrandet waren, oder warteten auf Hilfe, die zunächst nicht kam. Viertausend verzweifelte Passagiere auf dem Zürcher Flughafen mussten schließlich in Unterkünften des Zivilschutzes untergebracht werden. Es war eingetreten, was man bisher für unmöglich gehalten hatte: Einem nationalen Symbol, einem National Carrier wurde zum ersten Mal in Europa die Rettung versagt. Zeitungen sprachen von einer "nationalen Tragödie". In der gesamten Schweiz begannen heftige Diskussionen über Ursachen und Schuldige am Ende der stolzen Swissair. 10.000 Mitarbeiter und andere aufgeregte Schweizer demonstrierten in Zürich vor der Großbank, der man die Hauptschuld am Untergang zuschrieb. Verschwörungstheorien kamen auf, man fiel über Politiker wie Banken her und glaubte gar, die Manager der Swissair selbst hätten sie absichtlich ruiniert.

Sturz der Denkmäler

Was immer die wahre Ursache des Bankrottes war - vielleicht ganz prosaische Managementfehler -, die Verwundungen der Schweizer Seele konnten nur in einem abendfüllenden Film aufgearbeitet werden. Im Streifen "Grounding" wurden Fiktion und Wirklichkeit zu einem Epos verwoben, das lange Zeit die Schweizer Kinos füllte.

Nur geringfügig weniger allgemeine Hysterie entfachte der kurz nach dem Swissair-Debakel erfolgte Absturz der belgischen Fluggesellschaft Sabena. Belgiens "fliegende Botschafterin" legte am 7. November 2001 mit Schulden von etwa 100 Millionen Belgischen Francs die bisher größte Pleite des Landes hin. Rund 7500 Angestellte verloren dabei ihre Jobs. Sie versammelten sich zu Protestkundgebungen und besetzten Flughafen samt der Zubringerautobahn. Nach Berichten der Presse erhielt der Vorstandsvorsitzende Todesdrohungen. Für Insider war aber das Ende der Sabena nicht gänzlich überraschend gekommen. Seit 2000 verschärfte sich die Krise, Arbeitsplatzeinsparungen führten zu mehreren Mitarbeiter-Streiks mit weiteren Umsatzeinbußen, viele Sanierungen konnten nicht durchgezogen werden. Als dann die Swissair, die ein wesentlicher Teilhaber der Sabena war, "groundete", wollte weder die belgische Regierung, die vorher noch geholfen hatte, noch irgendein anderer Kapitalgeber neues Geld zuschießen. Das Unglücksjahr der Luftfahrt 2001 sah weltweit noch andere prominente Opfer. Die zweitgrößte kanadische Fluggesellschaft Canada 3000 musste ihren Betrieb einstellen und Ansett Australia, die im Jahr davor noch triumphierend die Olympischen Spiele gesponsert hatte, endete kläglich im Konkurs. Vier Jahre später wurde die brasilianische Gesellschaft Varig zahlungsunfähig. Man machte mit Beschränkungen weiter und im vergangenen Juli wurde das, was von Varig übrig blieb, um einen Klacks an ein Investorenkonsortium versteigert. Zur Auktion erschienene Varig-Angestellte brachen in Tränen aus.

Am Morgen des 16. 10. 2003 stellte die Ferienfluggesellschaft Aero Lloyd völlig überraschend ihren Flugbetrieb ein. In einem Fax der Aero-Lloyd Geschäftsführung hieß es: "Trotz umfangreichen Sanierungs-und Restrukturierungskonzeptes hat die Bayerische Landesbank als Mehrheitsgesellschafter und größter Kreditgeber entschieden, die notwendigen Kapitalmaßnahmen zur Sanierung der Aero Lloyd Bilanzsituation nicht vorzunehmen." Damit war eigentlich alles gesagt, was zu sagen war und die Geschäftsführer konnten nichts anderes mehr tun, als Konkurs anzumelden. An die 8500 Fluggäste blieben dabei auf der Strecke. Alle großen Veranstalter waren betroffen. Bei TUI beispielsweise waren 500 Gäste am Abflug und 800 am Rückflug gehindert. Thomas Cook musste etwa 1000 Aero Lloyd Opfer versorgen. Vergleichsweise glimpflich kamen jene Kunden davon, die über Veranstalter gebucht hatten, die sie betreuen mussten. Wer direkt bei Aero Lloyd flight-only gekauft hatte, musste selber sehen, wie er weiterkam.

Auch Österreich blieb in jüngster Vergangenheit von einer einschlägigen Pleite nicht verschont. Um die Iden des März 2006 schlitterte die Fluggesellschaft Styrian Spirit in den Konkurs. Obwohl noch 2005 das Land Kärnten mit 3 Millionen Euro bei der Fluglinie eingestiegen war, führten Geldmangel und Einnahmeeinbußen zur Bruchlandung. In die schwarzen Zahlen war man zuvor schon nicht geflogen und bei einigen Airports stand man in Sachen Start-und Landegebühren seit Monaten in der Kreide.

Für die Flughäfen Graz und Klagenfurt bedeutete das Ende des Steirischen Geistes den Wegfall attraktiver Linienverbindungen. Die harte Landung der Styrian Spirit ist aber eine andere Geschichte, die Sie in Faktum bereits ausführlich lesen konnten.


Quelle: Faktum" Nr. 12/06 vom 20.12.2006
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Post by CRJ200_LOWG » 5. Jan 2007, 11:29

...Aufsehen erregender Pleiten im turbulenten Geschäft der Luftfahrer. Am Beispiel von PanAm, Delta, Swissair, Sabena oder Styrian Spirit...

Sehr interessant! Wußte gar nicht daß die DL schon wieder krachen gegangen ist... *kopfschüttel* Sie operiert doch nachwievor. Des weiteren haben ein paar eine Reinkarnation erlebt: SR=>LX SN=SN
Nicht gerade eine seriöse Berichterstattung eine Fachmagazines.

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Post by LOWA » 5. Jan 2007, 11:40

Faktum? Fachmagazin? *räusper? Über den Rest red'ma bei guten Ripperl am Sonntag ... ;)
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Post by airbus340-600 » 5. Jan 2007, 12:31

Was ich auch komisch find is Styran spirit in eienm atemzug mit delta oder swissair zu nennen.... das kann man doch nicht ganz vergleichen oder???

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Post by TWA/VIE » 5. Jan 2007, 12:32

DL befindet sich wieder einmal in Chapter11, Gerüchten zufolge ist US-Air an einer Übernahme interessiert
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Post by CRJ200_LOWG » 9. Jan 2007, 09:16

DL befindet sich wieder einmal in Chapter11, Gerüchten zufolge ist US-Air an einer Übernahme interessiert

Ui! Na da schau her! Bin gespannt wie sich das flugreisetechnisch auf die AF auswirkt. :roll:

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Post by gk » 9. Jan 2007, 15:32

DL ist nicht schon wieder, sondern durchgehend seit Herbst 2005 in Chapter 11. Wenn alles gut geht, können sie im Frühjahr 2007 Chapter 11 verlassen.

http://www.delta.com/about_delta/deltas_restructuring/index.html

Flüge wurden und werden ganz normal durchgeführt, Chapter 11 bedeutet ja nur Gläubigerschutz und heißt nicht dass man zwangsweise insolvent ist und das Kerosin nicht mehr zahlen kann.

Das Übernahmegerücht von US-Airways ist übrigens auch nichts neues, defacto ist es kein Gerücht, sondern ein offizielles Projekt von US-Airways.

Auf AF wird es sich erst auswirken, wenn die DL-Gläubiger der Übernahme zustimmen sollten, was ich derzeit für eher gering einschätze, und sich das US-Airways Management gegen Skyteam entscheiden sollten.
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