Salzburger Nachrichten wrote:Helikopter-Projekt regt auf
09. Februar 2006
Ein Hubschrauber vor dem Mozartdenkmal spaltet die Stadtpolitik. Das Fluggerät soll auf den Rotorblättern liegend von Mai bis Juli auf dem Mozartplatz stehen.
heinz bayer Salzburg (SN). Der Plan, im Zuge des Kontracom06-Festivals einen alten Hubschrauber verkehrt vor dem Mozartdenkmal aufzustellen, spaltet die Stadtpolitik. Das, obwohl anfangs Einigkeit herrschte. Zunächst wurde der städtische Fachbeirat für Kunst im Öffentlichen Raum im Juni 2005 über die Pläne der Festival-Kuratoren Max Hollein und Thomas Zierhofer informiert. Am 19. September 2005 segnete der Stadtsenat das Gesamtprojekt einstimmig ab.
Inge Brodil, die Generalsekretärin von "Mozart 2006", stellte den Stadtpolitikern die zehn geplanten Installationen und Objekte mittels Lichtbildern vor. Die Vorarbeiten des mit 1,5 Millionen Euro von Stadt und Land dotierten Festivals begannen. Am 25. Jänner tagte dann neuerlich ein Gremium. Diesmal war es das Stadtkollegium.
Anwesend: Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), die Vizebürgermeister Harald Preuner (ÖVP) und Josef Huber (SPÖ), die Stadträte Martin Panosch (SPÖ) und Johann Padutsch (Bürgerliste), sowie FPÖ-Klubobfrau Doris Tazl. Nur mehr Padutsch war für die Aufstellung des Hubschraubers am Mozartplatz. Der Rest der Kollegiumsmitglieder dagegen.
Padutsch spricht nun von politischer Zensur für zeitgenössische Kunst im Mozartjahr. Er meint: "Salzburg ist wieder einmal auf dem Weg zur internationalen Blamage. Wenn man so ein Projekt nicht will, dann soll man das im Vorfeld sagen. Was jetzt passiert ist Schadensmaximierung schlechthin. Für die Veranstalter des Festivals und für den Ruf Salzburgs."
Die Klubobfrau der ÖVP, Claudia Schmidt, stellte am Mittwoch fest, Schaden solle sich der ÖVP-Forderung anschließen und den Fachbeirat abschaffen. Schmidt: "Die Politik soll wieder entscheiden, welche Kunstwerke im öffentlichen Raum aufgestellt werden und für diese Entscheidungen dann auch geradestehen." Bürgermeister Heinz Schaden meint: "Der Hubschrauber würde die Bewegungsfreiheit und die Sicht der Gäste am Mozartplatz stark einschränken. Ich bin in Kontakt mit Kurator Max Hollein. Vielleicht gibt es ja doch einen alternativen Standort. Ich will auf keinen Fall mit der Axt hineinfahren. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen." Der Mozartplatz bleibt damit weiter eine Option.
An diesem Standort könne es laut Schaden aber auch logistische Probleme geben - der nicht mehr flugtaugliche Hubschrauber ist 20 Meter lang, hat eine Rotorblattdiagonale von 17 Metern und wiegt vier Tonnen.
Padutschs Vorwurf der Politzensur wies Schaden zurück: "Es muss erlaubt sein, über einen alternativen Standort nachzudenken, an dem er nicht so sehr im Weg steht." Und ÖVP-Klubobfrau Schmidt korrigierte Schaden: "Der Fachbeirat wurde erst gegründet, als Kontracom06 bereits existierte."
Susanne Tiefenbacher, Projektleiterin von Kontracom06: "Die Künstlerin wählte den Platz ganz bewusst. Er ist für das Gesamtkonzept entscheidend."
Originalartikel zu finden unter:
http://www.salzburg.com/sn/06/02/09/artikel/1950280.htmlSalzburger Nachrichten wrote:Ein Helikopter für Mozart
Von Mai bis Juni findet in Salzburg erstmals das Festival Kontracom06 statt. Ein wesentlicher Teil des Kunst-Happenings sind "Interventionen" auf öffentlichen Plätzen. Um jene der Italienerin Paola Pivi ist nun ein Streit entbrannt. Sie will Mozart ein besonderes Geschenk vor das Denkmal auf dem Mozartplatz legen: einen 20 Meter langen, auf dem Kopf stehenden, gelben Hubschrauber. Im Herbst 2005 sprach sich Salzburgs Stadtpolitik einstimmig für das Festival und dessen Konzept aus. Nun gehen SPÖ, ÖVP und FPÖ auf kritische Distanz - zumindest was den Standort des Helikopters betrifft. Die Bürgerliste spricht deshalb von politischer Zensur. Heinz Bayer im Gespräch mit dem Kurator des Festivals, Max Hollein.
SN: Bestehen Sie auf den Mozartplatz als Standort oder gibt es Alternativen. Diese werden von Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden ja angeboten.
Hollein: Die Diskussion kommt verfrüht. Mir ist klar, dass es bei Kunst im öffentlichen Raum immer Diskussionen gibt. Derzeit sind wir dabei, logistische und statische Probleme zu lösen. Der Ort wurde von der Künstlerin bewusst gewählt. Die Verengung des Platzes ist Teil der Arbeit. Es geht um eine Transformation der Örtlichkeit. Jetzt müssen wir erst einmal den Helikopter von England nach Salzburg und dann in Salzburg auf den Mozartplatz zu bringen. Aber ich bin sicher, dass es klappen wird.
SN: Die Mehrheit der Stadtpolitik übt sich aber jetzt im Salto rückwärts und will den Hubschrauber nicht mehr auf dem Mozartplatz haben.
Hollein: Das kann ich nicht erkennten. Sicher gibt es derzeit, nach den Berichten in Ihrer Zeitung, eine kleine Aufregung. Aber die Politik und die öffentlichen Einrichtungen der Stadt haben in der Zeit der Vorbereitung immer sehr positiv mitgearbeitet. Darüber bin ich glücklich, weil das in Salzburg nicht grundsätzlich zu erwarten ist. Salzburg muss mit der Frage der Kunst im öffentlichen Raum sehr sensibel umgehen. Denn es gibt ja schon gewisse Vorurteile aus der Außensicht: wegen der Vorfälle um die Statue "Arc de Triomphe" der Wiener Künstlergruppe "Gelatin" im Sommer 2003 vor dem Rupertinum und der Mozart-Statue von Markus Lüpertz.
SN: Welche Vorurteile?
Hollein: Nun, die Wahrnehmung dieser beiden Vorfälle von Außen ist - zugegeben - überspitzt. Aber es ist kein Bild von Weltoffenheit. Salzburg muss da schon Acht geben. Andererseits ist Kunst im öffentlichen Raum immer ein sensibles Terrain. Aber bei den Arbeiten von Kontracom geht es nicht um Provokation. Es geht darum, gewohnte Plätze auf Zeit anders erfahren und wahrnehmen zu können.
SN: Salzburgs Bürgermeister meinte, einen Hubschrauber auf den Kopf zu stellen und Mozart vor das Denkmal zu legen sei nicht besonders originell.
Hollein: Die Politik ist nicht die erste Instanz zur Beurteilung der Kunst.
SN: Was ist nun die Botschaft des umgekippten Hubschraubers?
Hollein: Es geht um Poesie, auch um die Poesie des Scheiterns. Der Heliktopter steht auf dem Kopf. Wie ein auf dem Rücken liegendes Insekt, hilflos. Andererseits verbindet sich mit dem Wesen der starken Maschine die Sehnsucht, sich aus eigener Kraft in die Luft erheben zu können. Dass die Stadtverwaltung und die Politik nicht in die tiefsten Tiefen eines Projekts vordringen, ist mir klar. Aber Salzburgs Politik zeigt guten Willen. Ich bin deshalb sicher, dass alle geplanten Projekte stattfinden.
Daten und Fakten
Das Kontracom-Festival findet heuer erstmals in Salzburg statt (12. Mai bis 16. Juli). Die Altstadt soll "mit Installationen der bildenden Kunst, Interventionen und klangkünstlerischen Arbeiten, Videoinszenierungen und subtilen Verfremdungen" aufgewertet werden. Land und Stadt subventionieren das Festival mit 1,5 Mill. Euro. Das künstlerische Konzept stammt von Max Hollein, dem Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt, und Tomas Zierhofer-Kin, dem Intendanten des Donaufestivals Krems.
Streitzone Mozartplatz Im Rahmen von Kontracom06 hat die italienische Künstlerin Paola Pivi die Positionierung eines "Geschenks an Mozart" vor dem Mozartdenkmal vorgesehen. Es handelt sich um einen alten britischen Hubschrauber des Typs Wessex. Er soll zwischen Mozart-Denkmal und Café Glockenspiel, auf den Rotorblättern liegend, positioniert werden. Das Fluggerät ist 20 Meter lang, vier Meter hoch und vier Tonnen schwer. "Die Künstlerin sieht die Dimension und den Charakter des Helikopters in Kontext zum atmosphärischen Umfeld optimal und führt damit einen starken und unerwarteten Dialog mit der Altstadtkulisse", heißt es in der Projektbeschreibung.
Im Juni 2005 wurde der Fachbeirat für Kunst im öffentlichen Raum über die Pläne der Festival-Kuratoren Hollein und Zierhofer informiert. Am 19. September 2005 segnete der Stadtsenat das Gesamtprojekt einstimmig ab. Am 25. Jänner tagte dann das Stadtkollegium. Nun waren plötzlich SPÖ , ÖVP und FPÖ gegen den Hubschrauber. Nur Johann Padutsch (Bürgerliste) stimmte dafür und sprach "von politischer Zensur für zeitgenössische Kunst im Mozartjahr". Salzburg sei "wieder einmal auf dem Weg zur internationalen Blamage".
Originalartikel zu finden unter:
http://blogs.salzburg.com/mozart2006/2006/02/ein_helikopter_.html
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