Airline der Menschlichkeit

Alles, was mit zivilen Hubschraubern (inkl. Flugrettung) zu tun hat.
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LOWA
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Airline der Menschlichkeit

Post by LOWA » 23. Oct 2005, 12:49

Airline der Menschlichkeit

Sie ist eine Airline, die keiner freiwillig bucht. Und sie ist eine Airline, der jeder unendlich dankbar ist, der von ihr geflogen wurde. Die Christophorus-Hubschrauberflotte, mit 24 topmodernen Maschinen eines der größten privaten Helikopter-Unternehmen der Welt.

Eine Airline der Menschlichkeit, die seit 1983 bereits mehr als 120.000 Einsätze geflogen ist. Gerhard Walter sprach mit Kurt Noé-Nordberg, Direktor und auch Gründer der Christophorus-Flotte. Über Berufung und Beruf. Über Kosten und Wert. Über Höhenflüge und Tiefschläge. Und über „Gelbe Engel“, die den Wettlauf gegen den Tod mit dem eigenen Leben bezahlen mussten … Die Alpenrepublik in den 70er Jahren. Es gibt weit weniger Autos als heute. Aber es gibt weit mehr Verkehrstote. Weil die Blechvehikel damals schlicht viel unsicherer waren. Airbags, ABS oder Gurtenpflicht gab es nicht. Und es gab verzweifelte Pannenfahrer des ÖAMTC. Sie führten Blutplasma in ihren Einsatzwägen mit, weil Menschen aus offenen Wunden durch zerborstenes, messerscharfes Metall oder Scherben zersplitterter Fahrzeugscheiben zu verbluten drohten. Sie hatten große Transparente mit: „Suche Mediziner!“ Ein in stumme Worte gegossener Hilfeschrei, ein Dokument der Ohnmacht. Wie soll ein Pannenfahrer Unfallchirurg sein? Außerdem: Er dürfte es gar nicht.

„Die Geburtsstunde der modernen Notfallmedizin“, erklärt Kurt Noé-Nordberg, „war die Erkenntnis, Notfallarzt und bestens ausgebildete Retter direkt zum Unglücksort und zum Patienten zu bringen. Und nicht den Patienten ins Spital. Weil oft nur wenige Minuten über Leben oder Tod entscheiden.“ Niki Lauda würde sagen: „Völlig logisch.“

Als schließlich der deutsche Schwesterclub ADAC in Anbetracht der hoffnungslos zugestauten Verkehrsadern begann, Hubschrauber statt Fahrzeuge einzusetzen, um Verkehrsopfern wirklich rasch helfen zu können, schlug 1983 auch in Österreich die Geburtstunde der fliegenden „Gelben Engel“. Kurt Noé-Nordberg: „Ich habe die ersten Schritte in Deutschland mitverfolgt. Mir gedacht: Das brauchen wir auch. Und wenn ich mir etwas in den Kopf setze, setze ich auch alles daran, es umzusetzen.“ Ganz einfach also. Die Fähigkeit hat den heute Mittfünfziger seit jeher zu einem Topmanager gemacht. Unter anderem war er, lange bevor Plastic-Money eine Selbstverständlichkeit war, als noch Papierausweise, Stempel oder Schecks regierten, der geistige Vater der ÖAMTC-Klubkarte im Scheckkartenformat. Noé-Nordberg war gemeinsam mit Franz Wurz auch Erfinder der mittlerweile ins Führerscheinprogramm integrierten „Schleuderkurse“ und Architekt der Fahrtechnik-Zentren.

Im Jahr 1983 jedenfalls brauchte es nur drei Monate, bis die Idee der fliegenden Intensivstation zur Realität geworden war. Am 1. Juli hob „Christophorus 1“ in Innsbruck ab, am 1. September „Christophorus 2“ in Krems. Drei Monate Weichenstellung, die Kurt Noé-Nordberg nicht vergessen wird. Kollegen in den eigenen Reihen erklärten ihn, wie er heute noch schmunzelt, „für schlicht und ergreifend wahnsinnig“. Das offizielle Österreich, in dem die Lufthoheit dem Bundesheer, dem Innenministerium und einer de facto staatlichen AUA gehörten, hätte es damals auch lieber gesehen, wäre der private Automobilclub am Boden geblieben..

Nun, knapp mehr als zwei Jahrzehnte später sind die rettenden gelben Hummeln nicht mehr wegzudenken. Mehr als 125.000 Einsätze sind sie bereits geflogen. Millionen und Abermillionen Augenpaare haben jedes Mal zum Himmel empor gesehen, wenn ein Christophorus-Hubschrauber über die Köpfe der Menschen hinweg knatterte. 24 topmoderne, von zwei starken 700-PS-Turbinen angetriebene Eurocopter, 47 hauptberufliche Flugkapitäne, mehr als 500 Ärzte, Sanitäter des Roten Kreuz und der Wiener Berufsrettung sowie Flugretter der Österreichischen Bergrettung. Das sind die bemerkenswerten Eckdaten dieser einzigartigen Airline, deren Crewmitglieder jederzeit bereit sind, nötigenfalls ihr eigenes Leben zu riskieren, um Leben zu retten.

„Sie fliegen um Ihr Leben!“ – der Marketingslogan ist in diesem Fall eher eine Botschaft. Keine Frage: Die stolzen Christophorus-Crewmitglieder sind Helden. Auch wenn sie diese Bezeichnung nicht so schätzen. Sie sehen sich als best ausgebildete Vollprofis, die jedes Risiko verantwortungsvoll abwägen und einschätzen. Und mit dem Wort „Helden“ hat auch Kurt Noé-Nordberg so ein Problem. Exakter: Mit falsch verstandenem Heldentum. In den wenigen stillen Momenten, die sein rastloses Topmanagerleben zulässt, spricht er immer wieder leise über seine schlimmsten Albträume. Über das Damoklesschwert, das ständig über ihm schwebt. Über das Handydisplay, das abends oder an Wochenenden eine der unverwechselbaren Christophorus-Telefonnummern matt aufschimmern lässt. Dreimal in diesen 22 Jahren musste er erfahren, dass einer seiner Hubschrauber nicht mehr vom Einsatz zurückgekommen ist. 1999, als ein Notarzt bei einem Absturz starb. 1992, als der Heckrotor von Christophorus 5 sich in den Alpen in einem nicht gekennzeichneten Heuseil verfing und die am Bergetau schwebende Notärztin getötet wurde. Oder am 14. Februar 1988, als der in Tirol stationierte Christophours 1 bei schlechter Sicht am Rückflug von einem Einsatz für eine deutsche Snowboarderin abstürzte. Für Notarzt und Sanitäter kam damals jede Rettung zu spät, ein weiterer Flugretter ist seitdem an den Rollstuhl gefesselt, und der Pilot durfte wegen der Folgen schwerster Kopfverletzungen nie wieder fliegen. „Wenn ich insbesondere an diese Tragödie denke, kann ich mich nur schwer gegen heillosen Zorn wehren, der in mir aufsteigt“, sagt Kurt Noé-Nordberg. „Denn als ich tags darauf mit der Unfallkommission an der Absturzstelle war, konnten wir bereits die nächste Schigruppe in einem gesperrten Hang beobachten …“ Zwei tote Retter, trauernde Angehörige und Freunde. Ein hoher, viel zu hoher Preis für tödliche Abenteuerlust, falsch verstandenes Heldentum oder verantwortungslose Vergnügungssucht.

Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass der Christophorus-Chef die Frage nach den jährlichen Kosten für die Flugrettung zwar bereitwillig, aber mit einer philosophischen Gegenfrage beantwortet: „Was ist uns allen diese Sicherheit wert? Was ist ein gerettetes Leben wert?“ Die „Gelben Engel“ kosteten 2004 rund 23,4 Millionen Euro. 43 Prozent kommen von Sozialversicherung, 30 Prozent von Privatversicherungen, 12 Prozent aus sonstigen Einnahmen, 10 Prozent aus Subventionen und Sponsoring. Fünf Prozent oder 1,1 Millionen schießt der ÖAMTC zu. Macht bei zirka 1,5 Millionen Mitgliedern 70 Cent pro Mitglied – im Jahr. Jedem einzelnen wird es jeden Cent wert sein.

von
Gerhard Walter, Geschäftsführer des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens TrendCom Consulting Ges.m.b.H. Journalist und Autor zahlreicher Bücher
http://www.trendcom.at

erschienen im Wirtschafts-Magazin „21“


Quelle: http://www.notarzthubschrauber.at
Glück ab, gut Land!

LOWA - Wien's einstiger Flughafen, 1912 - 1977

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