Flugzeuge: Optimale Boarding-Methode errechnet
In ein Flugzeug einzusteigen, kann zur Geduldsprobe werden: Passagiere verlieren dabei oft die Nerven, die Fluglinien viel Geld. Ein US-Physiker hat nun die optimale Boarding-Methode errechnet.
Ideal ist ihm zufolge ein Blockeinlass: jeweils rund zehn Passagiere auf einmal, deren Sitzreihen möglichst auseinander liegen.
Würden die Fluglinien diese Methode anwenden, könnte alles um bis zu sieben Mal schneller gehen, meint Jason Steffen, Teilchenphysiker und Postdoktorand am Fermilab in Batavia/Illinois, laut der aktuellen Ausgabe von "Nature".
Die Studie "Optimal boarding method for airline passengers" wurde von Steffen beim "Journal of Air Transportation Management" eingereicht und liegt seit 6.2.08 auf dem Preprint-Server arXiv.org.
Studie auf arXiv.org
Flugbeginn kann nervig sein
Alle, die schon einmal geflogen sind, kennen das: Der Flieger ist ohnehin schon zu spät dran, die dritte Zeitung im Warteraum schon ausgelesen, der Akku vom MP3-Player natürlich leer. Endlich geht es los, doch das Einsteigen ins Flugzeug gerät erst recht zum Geduldspiel.
Beim Eingang wird um die letzten Magazine gekämpft, spätestens in der zweiten Reihe hat sich ein Stau gebildet und am eigenen Platz sitzt garantiert schon ein anderer.
Für Passagiere ist das nervig, für Fluglinien, und das ist die Kehrseite der Medaille, bedeutet Standzeit Geld. Bei manchen von ihnen dauert das Auftanken bereits kürzer als das Einsteigen der Passagiere.
Auch schlecht: Hintere Reihen zuerst
Optimale Strategien sind also gefragt - bei größeren Flugzeugen ist es bereits jetzt Usus, dass zuerst jene einsteigen sollen, die hinten sitzen.
Dies ist laut Jason Steffen zwar besser, als wenn jene der vorderen Reihen als erste boarden, aber dennoch nur die "zweitschlechteste" aller Lösungen. Wie es besser geht, hat er nun mit einer Methode untersucht, die aus seinem Brotberuf stammt.
Er bestimmte das ideale Boarding mit Hilfe eines sogenannten Monte-Carlo-Algorithmus - dieser wird in der Physik verwendet, um die Lageverteilung von Atomen und Molekülen zu bestimmen.
Annahme: Gepäck-Verstauen ist entscheidend
Den Algorithmus wandte Steffen nun auf die einsteigenden Flugpassagiere an: Dabei ging er davon aus, dass die Verzögerungen vor allem durch das Verstauen des Gepäcks entstehen.
Andere Verrichtungen, die ebenfalls Zeit in Anspruch nehmen können, wie z.B. irrtümlich eingenommene Sitze oder das neuerliche Aufstehen, um jemanden an seinen Platz zu lassen, wurden für die Simulation vernachlässigt.
Möglichst viel Platz zwischen den Einsteigern
Die Lösung, zuerst die Passagiere der hinteren Reihen einsteigen zu lassen, ist laut den Berechnungen auch nicht ideal. Es befinden zwar dann deutlich mehr Menschen im Flugzeug, als wenn sich gleich in den ersten Reihen ein Stau bildet, aber diese behindern sich gegenseitig.
Die optimale Boarding-Methode richte sich deshalb nach dem Prinzip, möglichst viel Platz zwischen den Einsteigern zu lassen, damit sie ohne Behinderung ihr Gepäck verstauen können.
Das kann auf verschiedene Weisen geschehen: etwa dadurch, dass erst all jene einsteigen, die am Fenster sitzen, danach jene in der Mitte und zum Schluss jene am Gang. Damit ließe sich die Boarding-Dauer bereits um die Hälfte reduzieren.
Blockeinlass am effizientesten
Am effizientesten wäre laut Steffen aber der Blockeinlass. Bei dem von ihm angenommenen Flugzeug mit 120 Sitzen und 20 Reihen wären das Gruppen von jeweils zehn Menschen, die gemeinsam einsteigen.
Sie sollten idealerweise jeweils eine Reihe getrennt voneinander sitzen - auf diese Weise können sie ihr Gepäck verstauen, ohne sich gegenseitig zu behindern. Durch den Einlass von zwölf Zehnerblocks könnte sich die "Ladezeit" auf ein Fünftel reduzieren.
Hochgerechnet auf ein Flugzeug mit 240 Passagieren und 40 Reihen kommt Steffen gar auf eine Zeitersparnis um den Faktor sieben.
Tauglich für die Praxis?
Ob das ganze auch praktikabel ist, darüber hat auch Steffen seine Zweifel - die strikte Ordnung würde einen großen Organisationsaufwand vor dem Einsteigen bedürfen, viele Passagiere würden vermutlich nicht mitspielen und auf jeden Fall gleichzeitig mit ihren Bekannten oder Verwandten einsteigen wollen.
Er ist aber überzeugt davon, dass man mit seinen Methoden Zeit und Geld sparen kann - selbst wenn nicht alle mitmachen.
Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 28.2.08
Quelle: http://science.orf.at/science/news/150929