Wer fliegt da oben?

Für alles, was nicht in andere Foren passt - (fast) alles ist erlaubt ...
Post Reply
LOWA
Administrator
Administrator
Posts: 16211
Joined: 3. Aug 2004, 21:26
Location: Österreich

Wer fliegt da oben?

Post by LOWA » 31. Aug 2006, 17:17

Ein interessanter Artikel aus der FAZ:

Wer fliegt da oben?

Der Flughimmel über Deutschland hängt voller Airbus- und Boeing-Jets. Entsprechend vollmundig klingt die Berichterstattung in den Medien. Und stets lauten die Schlagzeilen so oder so ähnlich: Airbus contra Boeing - Giganten im Vergleich. Dabei vergessen Medien und Publikum allzu leicht, daß auch Maschinen anderer Produzenten - und das nicht zu wenige - am deutschen Himmel kurven, "No Names" sozusagen, von denen etliche allerdings Luftfahrtgeschichte geschrieben haben.

Fast drei Millionen Flugbewegungen der in der Zivilluftfahrt eingesetzten Maschinen registrierte die Deutsche Flugsicherung (DFS) im vorigen Jahr. Unbestreitbar übt Amerika dabei die Lufthoheit aus. Die Vereinigten Staaten bestritten mit den verschiedenen B737-Versionen, der Boeing 747 und der Boeing 757 knapp vierzig Prozent des Flugverkehrs über Deutschland. Auf dem zweiten Platz, so diese Statistik, folgte Airbus mit seiner A320-Familie, zu der neben dem A320 die verwandten Typen A319 und A321 gehören. Zusammen repräsentieren sie ein Viertel aller Flugbewegungen am Himmel zwischen Flensburg und Füssen, Frankfurt (Oder) und Saarbrücken. Auf dem dritten Rang kreuzen bereits die Canadair-Regionaljets auf. Das sind Jets, die außerhalb der Branche kaum jemand kennt und die dennoch auf jedem deutschen Flughafen zu sehen sind, wo sie vor allem im Dienst der Lufthansa City Line starten und landen. Der Anteil der Canadair-Jets an den Flugbewegungen über Deutschland ist so groß wie der der Airbus-320-Familie, nämlich ebenso ein Viertel.

Der Rest von elf Prozent wird von der DFS unter dem Begriff "Sonstige" erfaßt. Dahinter verstecken sich fünf in der Öffentlichkeit ebenfalls kaum bekannte Flugzeugbauer und ihre Modelle wie zum Beispiel die Maschinen der British Aerospace Bae 146, Rj 85/100. Das sind die Jets mit den vier Triebwerken und dem typischen T-Schwanz am Heck. "Jumbolino" werden sie zärtlich von ihren Fans genannt. Die gedrungenen Briten stehen auf einer Zehnerrangliste auf dem vierten Platz. Danach folgen die Propeller- und Düsenjets von Fokker, die brasilianischen Embraer-Flugzeuge und die Turboprops von Aeritalia. Schlußlicht sind schließlich die Maschinen von De Havilland, einem Unternehmen, das, wie auch Canadair, zur kanadischen Bombardier-Gruppe gehört.

In dem Namen De Havilland bündelt sich höchst tragische Flugzeuggeschichte. Es war eine technische Sensation, als 1949 De Havilland das erste düsengetriebene Verkehrsflugzeug in die Luft schickte: die Comet. Eine zunächst rätselhafte Unfallserie, die später mit Materialermüdung zu erklären war, beendete für De Havilland dann den düsengetriebenen Traum vom Fliegen, der erst mit der Boeing 707 wiederauferstand. Heute sind die De Havillands besser unter dem Namen Dash 8 bekannt, problemlose Turboprops, zuverlässige Arbeitstiere, die zum Beispiel die Fluggesellschaft Austrian Arrows (ehedem Tyrolean Airways) fliegt.

Zähle man alle Modelle der unterschiedlichen Hersteller zusammen, resümiert die DFS, dann sei jeder vierte Flug an deutschen Himmeln ein Flug mit einem Regionaljet gewesen. Diese DFS-Statistik mag auch die nicht ganz selbstlose Liebe von Lokal- und Regionalpolitikern für einen eigenen Flughafen in ihrem jeweiligen Ländle erklären - was aber leider nichts über die Wirtschaftlichkeit eines Provinzflughafens aussagt.


Quelle: "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 31.08.2006
Glück ab, gut Land!

LOWA - Wien's einstiger Flughafen, 1912 - 1977

Post Reply