Wer will denn noch Pilot werden?
Aeroclub der Schweiz intensiviert Nachwuchsförderung
Das Image des Piloten ist angeschlagen. Seit längerem stellt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) jedes Jahr weniger Privatpilotenlizenzen aus.
Wo liegen die Ursachen, was sind die Folgen, und wie lässt sich eine Trendwende herbeiführen?
Es ist noch nicht lange her, da galt das Pilotieren eines Flugzeuges als höchst erstrebenswert. In den letzten Jahren hat sich das in der Schweiz grundlegend geändert. Allein die Zahl der Führerausweise für Privatpiloten ging von 7500 im Jahre 1994 auf 5928 im vergangenen Jahr zurück. Bei den Segelflugpiloten sieht es nicht besser aus. Wurden letztes Jahr knapp 700 Lernausweise ausgegeben, waren es sechs Jahre früher noch 1700 gewesen. Die Altersstruktur verändert sich entsprechend: Die Hälfte aller Segelflugpiloten ist heute über 50 Jahre alt, lediglich 9 Prozent sind jünger als 30 Jahre.
Mehrere negative Faktoren
Weite Kreise nehmen die Luftfahrt nur noch über den Lärm wahr und stehen ihr grundsätzlich kritisch gegenüber. Die jahrelangen Diskussionen um den Flughafen Zürich, das ruhmlose Ende des Nationalheiligtums Swissair und die anschliessenden Querelen innerhalb des Pilotenkorps der Nachfolge-Airline Swiss förderten das negative Image dieses Berufs und schreckten viele davon ab, Berufspilot zu werden.
Auch finanzielle Gründe sprechen nicht gerade für die Pilotenausbildung: Kostete früher eine Ausbildung auf der klassischen Piper L4 bis gegen 4000 Franken, sind heute 10 000 Franken oder mehr zu bezahlen. Und auch der persönliche Aufwand wird immer grösser. Die Einführung einheitlicher europäischer Vorschriften für die Zulassung von Luftfahrtpersonal (JAR-FCL) brachte einen riesigen Formalismus. Ob dieser mit dem zunehmenden Gewicht der neuen Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) abnehmen wird, ist fraglich. Abschreckend wirken auch die immer häufigeren politischen Eingriffe: Einschränkungen im Luftraum, immer strengere Rahmenbedingungen bei den Immissionen, Kostenverlagerungen und zusätzliche administrative Regelungen und Auflagen für die Leichtaviatik.
Die Jugend für die Aviatik begeistern
Wer sich für das Metier des Airline-Piloten interessiert, hat sich noch mit anderen Fragen auseinanderzusetzen. Nach der teuren Weiterausbildung ist die Anfangsentlöhnung nicht gerade fürstlich, die Aussicht auf eine Stelle nicht mehr selbstverständlich. Das könnte sich in den nächsten Jahren wieder verbessern. Dazu kommt, dass ein heutiger Airline-Pilot immer mehr ein Systemmanager ist und nicht mehr ein Flugzeugführer, der nach dem "Gefühl" fliegt. Die Folgen des dramatischen Rückgangs an Pilotenschülern wirkt sich selbstredend auf die Flugschulen und Flugplätze aus. Kleinere Institutionen sind auf mittlere Sicht in ihrer Existenz bedroht, wenn keine Trendwende herbeigeführt werden kann.
Es gibt heute nur noch wenige Jugendliche, die von der Fliegerei "angefressen" sind. Der Aeroclub der Schweiz (AeCS) sieht es deshalb als Gebot der Stunde an, die Nachwuchsförderung zu intensivieren. Weltweit und auch in der Schweiz werde die Nachfrage nach gut ausgebildetem Nachwuchs sehr rasch zunehmen, erklärt AeCS-Zentralpräsident Beat Neuenschwander; darum setze man gerade jetzt ein grosses Schwergewicht auf qualitativ und quantitativ gute Nachwuchsförderung. Dazu wird ein ganzes Bündel von Massnahmen umgesetzt: Jugendtage mit Schnupperflügen, Zeichnungswettbewerbe und nicht zuletzt das jährliche Pro-Aero-Jugendlager sollen den Jugendlichen die Aviatik näherbringen.
Franz Wegmann
Quelle: "Neue Zürcher Zeitung" vom 04.08.2006