Luxusklasse und Selbstbedienung
noa. FRANKFURT, 6. Januar. Fliegen ist zum Massengut geworden. Längst hat es den Nimbus der Exklusivität verloren. Dennoch lassen sich zwei Entwicklungslinien festmachen: Der Massentransport und die Komfortreise in der First-Class oder in Business-Jets.
Die Lufthansa hat in puncto Exklusivität eine Vorreiterrolle übernommen. Für die deutsche Fluggesellschaft gibt es nicht mehr allein den Erste-Klasse-Passagier mit dem Status eines "Senators". Den "teuersten" und "treuesten" Kunden bietet sie den exklusiven Klub des "Hon Circle" an, verbunden mit besonderen Privilegien und Service am Boden in separaten Terminals (in Frankfurt und München). Auch wenn dieses Marktsegment klein ist, kann es als Premiumsegment auf die gesamte Marke positiv wirken.
Andere etablierte Fluggesellschaften - vor allem in den Vereinigten Staaten - sehen dies anders und haben die First Class abgeschafft. Sie konzentrieren sich auf die große Anzahl der Geschäftsreisenden, die nicht bereit sind, für einen Langstreckenflug bis zu 10 000 Dollar zu zahlen.
Dagegen sind standardisierte Abläufe, hocheffiziente Flotten- und Streckenplanung und reduzierter Service Kennzeichen für die Billigfluggesellschaften. Im Vordergrund steht die reine Transportleistung zu möglichst niedrigen Preisen, die nur durch hohe Produktivität ermöglicht werden. In Amerika wird dieses Geschäftsmodell durch Namen wie Southwest Airlines oder Jet Blue repräsentiert. Auch etablierte Gesellschaften haben mittlerweile eigene Billigfluglinien gegründet. In Asien, dem prädestinierten Markt für den Punkt-zu-Punkt-Verkehr zwischen den Millionenmetropolen steht die Billigfliegerei erst am Anfang einer stürmischen Entwicklung.
In Europa wird der Markt in diesem Segment von Ryanair und Easy Jet angeführt. Im deutschen Markt tummeln sich außer diesen beiden Gesellschaften noch die deutschen Wettbewerber DBA, Germanwings (eine Lufthansa-Beteiligung) oder HLX aus dem TUI-Konzern. Trotz mancher Marktaustritte ist in Europa die erwartete Konsolidierung bislang ausgeblieben. Neue Wettbewerber wie die osteuropäische Wizz scheinen sich zu behaupten. Der Grund liegt in der wachsenden Bereitschaft vieler Passagiere, möglichst wenig für ihren Flug zu bezahlen, was die etablierten Fluggesellschaften vor Akzeptanzprobleme bei ihren Ticketpreisen stellt.
Ihre Antwort besteht derzeit in preisgünstigen Sonderkontingenten, die nur durch Kostensenkungen und höhere Produktivität wirtschaftlich sein können. Elektronische Tickets und das Selbsteinchecken am Flughafen, verminderter Service während des Flugs sind die Kennzeichen dieser Selbstbedienung, die bei Banken schon lange eingeübt wurde.
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Druckausgabe vom 07. 01. 2006