Billig verkaufen - teuer warten
Von Jens FLottau
Die Flugzeugmotorenbranche ist wohl ziemlich einzigartig. Zumindest insofern, als die Hersteller von Jet-Triebwerken mit dem Verkauf in der Regel kaum Geld verdienen. Die Rabatte, die sie einräumen, liegen oft bei 90 Prozent des Listenpreises. Geld wird mit Ersatzteilen und der Wartung verdient.
Dank ihrer guten Arbeit aber machen sich die Hersteller das Leben selbst immer schwerer. Vorbei sind die Zeiten, als zum Beispiel der Lockheed Super Constellation als bestes dreimotoriges Flugzeug der Welt galt - weil praktisch immer eines der vier Triebwerke ausgefallen war. Flugzeuge aus heutiger Serienproduktion erreichen eine technische Zuverlässigkeit von 99,5 Prozent. Triebwerke machen da keine Ausnahme. Sie können bei korrekter Wartung viele Jahre unter dem Flügel ihren Dienst tun.
Diese Marktlage macht erfinderisch. Der amerikanische Triebwerkshersteller Honeywell will jetzt ein Telemetriesystem entwickeln, das nicht nur wesentliche Parameter während des Fluges überwacht. Im Falle eines Defekts sollen die Mechaniker am Boden auf dem Handy angefunkt werden, damit sie nach der Landung gleich bereitstehen. Fluggesellschaften wie die Lufthansa allerdings überwachen die technischen Daten der Triebwerke schon heute während des Fluges.
Reparaturarbeiten an Triebwerken sind lukrativ, auf fast 12 Mrd. $ Umsatz pro Jahr wird der Weltmarkt geschätzt. Die Hersteller versuchen, davon möglichst viel selbst einzustreichen. General Electric Aircraft Engines, Pratt & Whitney, Rolls-Royce und ihre Partner wie die MTU Aero Engines kommen insgesamt auf einen Marktanteil von 70 Prozent - Tendenz steigend. Dies ergab eine Studie der Unternehmensberatung Team SAI.
Doch immer mehr unabhängige Anbieter dringen in den Markt. So bestellte die Lufthansa für ihre 15 Airbus A380 Motoren vom Typ Rolls-Royce Trent 970. Im Gegenzug gründeten Lufthansa Technik und Rolls-Royce das Wartungs-Joint-Venture N3 Engine Overhaul Services in Erfurt. Nur dort werden die Triebwerke überholt, wenn alle paar Jahre Wartungen anstehen. Die Aussicht, dabei mitzuverdienen, erleichterte der Lufthansa die Entscheidung, ihre Airbus-A330-Flotte mit dem Trent 700 und die A340-600 mit dem Trent 500 von Rolls-Royce auszustatten.
Während insgesamt bei der Flugzeugwartung die Stückkosten sinken, steigen sie trotz technischer Fortschritte bei den Triebwerken. Der Grund: Heutige Motoren werden heißer, sie bestehen aus aufwändigeren Metalllegierungen. Dadurch steigt der Wartungsaufwand. Jedoch wird dies durch höhere Lebensdauer und niedrigeren Verbrauch mehr als kompensiert.
Quelle: FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND, Druckausgabe vom 16. 11. 2005