Der Exot

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LOWA
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Der Exot

Post by LOWA » 15. Sep 2005, 08:46

Eine nette Geschichte ...

Der Exot

Gary Kelly erzählt gerne die Geschichte, als er zum ersten Mal in einem Flugzeug saß. Es war 1972, Kelly war gerade 17 Jahre alt und auf dem Weg von San Antonio nach Houston - in einer Maschine von Southwest Airlines. Das Flugzeug hätte Platz für mehr als hundert Personen gehabt, neben Kelly waren aber nur zwei andere Passagiere an Bord. Damals habe er nicht anders gekonnt, als zu denken: "Die werden's bestimmt nicht lange machen."

Da hat er sich geirrt: Was Anfang der siebziger Jahre als kleine Regionalfluglinie in Texas begann, ist heute unbestritten die erfolgreichste Fluggesellschaft Amerikas. Kelly ist seit vergangenem Jahr ihr Chief Executive Officer. In diesen Tagen kann er zusehen, wie zwei weitaus größere Fluglinien - Delta Air Lines und Northwest Airlines - auf die Insolvenz zusteuern. Southwest dagegen ist ein kerngesundes Unternehmen: 32 Jahre in Folge hat die Gesellschaft Gewinne ausgewiesen, während die Flugindustrie insgesamt viele Krisen durchgemacht hat. Auch in der derzeitigen Branchentristesse steht Southwest vergleichsweise gut da: Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat die Fluglinie sogar ihren Gewinn um mehr als zwei Drittel auf 235 Millionen Dollar ausgebaut, während der Umsatz um 13 Prozent auf 3,6 Milliarden Dollar gestiegen ist. Mit einem Börsenwert von knapp 11 Milliarden Dollar ist Southwest die mit Abstand teuerste Fluglinie in Amerika. Weit dahinter folgen American Airlines und Jetblue mit jeweils rund 2 Milliarden Dollar. Auch den derzeitigen Betriebsstillstand in New Orleans, wo Southwest der größte Anbieter ist, wird das Unternehmen nach Ansicht von Analysten weitgehend unbeschadet überstehen. Gemessen am gesamten Passagieraufkommen, ist Southwest die sechstgrößte amerikanische Fluggesellschaft, im reinen Inlandsverkehr ist Southwest die Nummer eins.

Southwest ist so etwas wie die Mutter aller Billigfluglinien. Der Gründer Herb Kelleher, der noch heute als Chairman fungiert, setzte von Anfang an auf Einfachheit. Southwest vermied möglichst die großen und verstopften Flughäfen und konzentrierte sich auf kleinere Standorte, was Kosten sparte und die Standzeiten am Boden begrenzte. Die Bordverpflegung beschränkt sich von jeher auf Erdnüsse und Getränke. Bei Southwest gibt es traditionell keine festgelegte Sitzreservierung, das Unternehmen setzte außerdem sehr früh auf Online-Tickets. Die Gesellschaft benutzt mit der Boeing 737 nur einen Flugzeugtyp und spart damit Ausbildungs- sowie Wartungskosten.

Ein Geheimnis des Erfolgs ist das Verdienst von Kelly: Schon vor einigen Jahren, als er noch Finanzvorstand war, schloß er Sicherungsgeschäfte (Hedging) für Flugbenzin ab. Das ermöglicht Southwest den Einkauf von Treibstoff zu vorher festgelegten Preisen. Kein anderer Wettbewerber hat Hedging-Geschäfte für einen so hohen Anteil des benötigten Flugbenzins wie Southwest. Angesichts der momentanen Rekordpreise für Öl, die maßgeblich zur Krise bei vielen Wettbewerbern beitragen, ist das Gold wert.

Southwest hat sich bei seinen Kunden neben den niedrigen Preisen mit diversen Schrulligkeiten einen Namen gemacht, die maßgeblich auf den volkstümlichen Gründer Kelleher zurückgehen, der sogar schon einmal in einem Elvis-Kostüm in einem Werbespot auftrat. Die Flugbegleiter von Southwest sind zum Beispiel dafür bekannt, in der Luft Witze zu erzählen.

Kelly ist ein etwas nüchternerer Typ als Kelleher. Er hat seine Karriere als Zahlenmensch gemacht. Vor knapp zwanzig Jahren stieg er bei Southwest als Controller ein. Jetzt, da er Chief Executive Officer ist, scheint es, daß Southwest noch eine Spur aggressiver geworden ist: Immer schneller erschließt Southwest neue Flugziele und macht den dort etablierten Fluglinien das Leben schwer - mittlerweile auch zunehmend an Standorten mit hohem Verkehrsaufkommen. Im vergangenen Jahr stach Southwest die Mitbieter im Kampf um die Vermögenswerte der insolventen Fluglinie ATA aus. Eines von Kellys Zielen ist es, die Konsolidierung voranzutreiben - zu Lasten der großen Traditionsgesellschaften. Deren derzeitige Schieflage zeigt, daß er dabei auf gutem Weg ist.

ROLAND LINDNER


Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Druckausgabe vom 15. 09. 2005
Glück ab, gut Land!

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