Einen umfangreichen Wintercheck wie beim Pkw gibt es für die Christophorus-Flotte nicht. Die fliegenden Intensivstationen sind jeden Tag im Jahr auf Schnee, Eis und Kälte vorbereitet. Lediglich die Ausrüstung variiert etwas.
Auch im Sommer müssen die Notarzthubschrauber hoch hinauf in die Berge fliegen. Bei Schlechtwetter können dann die Temperaturen bereits unangenehm werden. "Selbst im Juli sind wir schon kniehoch im Schnee gestanden", erzählt Prof. Dr. Wolfgang Voelckel, leitender Flugrettungsarzt. Deshalb hat die Mannschaft Sommer wie Winter Anoraks, Hauben, Handschuhe und Steigeisen mit. Diese Vorsichtsmaßnahme hat natürlich nicht nur mit der Kälte während eines Einsatzes zu tun. Gelegentlich muss am Berg übernachtet werden, etwa weil während des Einsatzes Nebel eingefallen ist. Da wären dann die schönen und zweckmäßigen knallroten Overalls der Mannschaft zu wenig Schutz.
Wegen dieses breiten Einsatzspektrums gibt es von technischer Seite so gut wie keine spezielle Vorbereitung. "Für unsere Maschinen ist das ganze Jahr über Winter", erklärt der Leiter der HeliAir-Techniker, Martin Weger. Das Öl in den Getrieben darf bis auf max minus 30 Grad abkühlen. Grund für diese Vorschrift ist die mangelnde Schmierfähigkeit des Öles und der extreme Temperaturunterschied: Binnen weniger Sekunden erreicht ein Triebwerk 1.000 Grad, rund herum bleibt es aber noch bitterkalt. Erst unter minus 30 Grad müssen dem Treibstoff spezielle Additive beigemischt werden. Diese Temperaturen werden aber selbst bei einer unfreiwilligen Nacht am Berg nicht erreicht. "In diesem Fall ist es allerdings ratsam, die Starterbatterien auszubauen und an einem warmen Ort zu lagern", so Weger. Dann "springt" die Turbine auch am Morgen zuverlässig an. Eine Konzession wird aber an den Winter gemacht: So, wie es bei jedem Auto erfolgen sollte, werden den Hubschraubern "Winterreifen" verpasst. Dabei handelt es sich um breitere Auflagen an den Kufen, die das Einsinken in lockerem Schnee verhindern.
Ergänzungen gibt es im Winter aber bei der Ausrüstung, so Prof. Voelckel. Da die Christophorus-Hubschrauber auch nach Lawinenabgängen eingesetzt werden, muss jedes Crewmitglied ein "Lawinenpiepserl" mit sich tragen. Zusätzlich hat der Hubschrauber Ortungsgeräte an Bord, die schon beim Überfliegen des Lawinenkegels die Suche nach Verschütteten ermöglichen. Selbstverständlich haben die "Gelben Engel der Lüfte" auch Sondierstangen und Schaufeln an Bord.
Weitaus schwieriger als das Verstauen dieser zusätzlichen Rettungsgeräte sind schon die Schulung und der Test der Lawinensuchhunde. Vor wenigen Wochen wurden die Vierbeiner auf ihre Eignung als Crewmitglied geprüft. Schließlich müssen die Hunde zusammen mit ihren Herrchen auch einen Flug am Bergetau gelassen hinnehmen. Selbst bei arktischen Temperaturen ist es im Hubschrauber übrigens wohlig warm, beruhigt der oberste Flugretter der ÖAMTC-Notarzthubschrauber, Joe Redolfi. Am Stützpunkt wird die Kabine von einer elektrischen Standheizung gewärmt. Gleichzeitig werden auch die Akkus der Notfallgeräte geladen. Während des Fluges geschieht dies über das Bordnetz. Trotzdem ist bei der Versorgung eines Verletzten Vorsicht geboten, da die Akkus wie jede Autobatterie bei Minusgraden etwas an Leistung verlieren.
Besonders vorsichtig müssen die Sanitäter auch mit den Medikamenten sein. Deshalb werden die benötigten Ampullen noch am eigenen Körper angewärmt, bevor sie dem Patienten verabreicht werden. Die körperliche Belastung der Mannschaft ist bei Einsätzen im Winter allerdings deutlich höher als im Sommer. Während der Versorgung des Patienten knien Arzt und Sanitäter meist im kalten Schnee, mit Handschuhen kann nicht gearbeitet werden. Bei Seilbergungen kann es im Downwash (Abwind des Rotors) des Helikopters Minus 30 Grad erreichen, dazu sticht der Schnee wie Stecknadeln im Gesicht.
Herwig Mohsburger
Freier Journalist
Quelle: ÖAMTC / Christophorus Flugrettungsverein - "Christophorus Magazin"