Lufthansa statt Luftwaffe
München - Die Luftwaffe verliert immer mehr Piloten an zivile Fluggesellschaften. Bei den Transportfliegern habe es in den vergangenen Monaten ein gutes Dutzend Kündigungen gegeben, heißt es aus Bundeswehrkreisen. Auch die Regierungsflugbereitschaft habe mehrere Abgänge zu verzeichnen. "Wir stellen Abwanderungen in bestimmten Bereichen fest", bestätigte ein Sprecher der Luftwaffe auf SZ-Anfrage, wollte aber keine Zahlen nennen. Der Sprecher betonte, die Luftwaffe könne "ihre Aufgaben weiterhin vollständig erfüllen." Die Flugstunden der Jets seien zwar reduziert worden, dies werde jedoch durch eine Steigerung der "Ausbildungsqualität" kompensiert. Das Nachrichtenmagazin Spiegel hatte berichtet, den Kampf- und Transportgeschwadern würden inzwischen 20 bis 30 Prozent der nötigen Crews fehlen.
Die Luftwaffe sei sich der "Konkurrenzsituation mit zivilen Arbeitgebern" bewusst, sagte der Sprecher. Zivile Fluggesellschaften lockten die Piloten mit "guten Angeboten". Deshalb werde derzeit in der Luftwaffe und im Bundesverteidigungsministerium diskutiert, wie "der fliegerische Dienst noch attraktiver" gemacht werden könne. Unter anderem werde über eine "Anpassung des Prämiensystems" nachgedacht. Die amerikanische Air Force etwa zahlt Piloten für eine Verlängerung ihrer Dienstzeit um zwei Jahre 20 000 Dollar.
Hartmut Schönmeyer, Vorsitzender Luftwaffe im Deutschen Bundeswehrverband, forderte, die Truppe müsse mit einer "besseren finanziellen Ausstattung um die Talente am Markt kämpfen". Die Fluggesellschaften suchten derzeit wegen des boomenden Transport- und Billigfliegermarktes "händeringend" nach Piloten und böten im Gegensatz zur Luftwaffe "planbare Arbeitszeiten".
Dem Vernehmen nach verdient ein Flugzeugkommandant bei der Bundeswehr durchschnittlich rund 6000 Euro im Monat, ein Jumbopilot kann dagegen leicht auf mehr als 10 000 Euro kommen. Schönmeyer sagte, ein weiteres Problem der Luftwaffe sei der Mangel an Feuerwehrpersonal: "Der kostet uns Flugstunden." Die zivilen Beamten der Bundeswehr unterliegen der europäischen Arbeitszeitrichtlinie, die neuerdings für Feuerwehrleute im Wochenschnitt nur noch eine Arbeitszeit von 48 Stunden zulässt. Früher waren es fünfzig, plus Überstunden. Schönmeyer: "Diese Zeit fehlt jetzt im Flugbetrieb." rde
Quelle: "Süddeutsche Zeitung" vom 25.03.2008