Frankreich besteuert Flugscheine

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LOWA
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Frankreich besteuert Flugscheine

Post by LOWA » 30. Jun 2006, 09:35

Frankreich besteuert Flugtickets

PARIS, 29. Juni (AFP). Just zu Ferienbeginn führt Frankreich am 1. Juli als erstes Land in Europa eine Steuer auf Flugtickets zugunsten von Entwicklungsländern ein. Auch deutsche Passagiere sind davon zum Teil betroffen. Mit dem erwarteten Erlös von 200 Millionen Euro pro Jahr will Paris den Kampf gegen die Krankheiten Aids, Tuberkulose und Malaria finanzieren, an denen pro Jahr sechs Millionen Menschen sterben. In Deutschland ist die Einführung einer solchen Abgabe umstritten.

Bei Flügen innerhalb Frankreichs und bei Europa-Verbindungen müssen Passagiere ab Juli einen Aufschlag von einem Euro in der Touristenklasse und zehn Euro in der Business-Class zahlen. Bei außereuropäischen Verbindungen sind es vier beziehungsweise 40 Euro. Auch Fluggäste, die nach Frankreich reisen, müssen die Abgabe entrichten. Damit sind jedes Jahr auch mehrere zehntausend deutsche Passagiere betroffen. Das Geld aus der sogenannten Solidaritätssteuer fließt in den Fonds Unitaid. Er kauft zu möglichst günstigen Konditionen Medikamente für arme Länder, die dann etwa in Impfprogrammen verwendet werden.

"Wir können nicht die Hände in den Schoß legen und zusehen, wie in Afrika Kinder sterben", verteidigt Verkehrsminister Dominique Perben die Steuererhöhung für wohltätige Zwecke. "Wir brauchen Mut und Freigebigkeit." Die Luftfahrtbranche lief vergeblich gegen die Abgabe Sturm und warnte im Frühjahr vor dem Verlust von bis zu 4000 Arbeitsplätzen. Fluglinien und Reiseveranstalter monieren eine Diskriminierung des ohnehin unter hohen Ölpreisen leidenden Luftverkehrs gegenüber anderen Verkehrsmitteln und Konkurrenten aus Ländern, in denen die Steuer nicht erhoben wird.

Das sind viele. Zwar wirbt Frankreichs Präsident Jacques Chirac seit eineinhalb Jahren unermüdlich für das Projekt, das dazu dienen soll, bis 2015 die sogenannten Millenniumsziele der UN im Kampf gegen Armut und medizinische Unterversorgung zu erfüllen. 13 "feste" Zusagen hat Paris bisher eingesammelt, darunter aus Brasilien, das wahrscheinlich nächste Woche die Einführung verkünden wird. Chile hat die Steuer bereits, und Großbritannien will eine bestehende Flugsteuer umwidmen. Doch viele Länder ziehen es vor, sich durch direkte Zahlungen in den Impffonds zu beteiligen, als das Geld über eine möglicherweise unpopuläre Steuer einzutreiben.

Das deutsche Entwicklungshilfeministerium bezeichnet die Abgabe als "ein mögliches Instrument, das wir prüfen". Dabei verweist das Ressort von Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) auf Deutschlands Verpflichtung, die Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu verdoppeln. Im Ministerium heißt es, es gebe keine Alternative zu der Flugsteuer. In der Koalition werde "nichts anderes mehr diskutiert".

Doch die Widerstände sind groß, wie Peter Wahl, Geschäftsführer der deutschen Entwicklungsorganisation Weed, sagt. Zwar hätten 106 Bundestagsabgeordnete eine Kampagne für die Steuer unterstützt, darunter Ex-Finanzminister Hans Eichel (SPD). Doch Eichels Nachfolger Peer Steinbrück (SPD) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) stemmten sich gegen die Abgabe, weil aus ihrer Sicht wegen der Erhöhung von Mehrwert- und Versicherungssteuer und stärkeren Belastungen bei den Gesundheitskosten "eine vierte Steuer nicht vermittelbar ist".


Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30.06.2006
Glück ab, gut Land!

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