"Oberösterreichische Nachrichten" vom 31.12.2004 Seite: 6 Ressort: zu Seite
Dass er schon 67 Jahre ist, kennt man ihm nicht an. Vielleicht hält der Himmel jung, denn dort hat sich Leopold Atzgerstorfer fast sein
ganzes Leben lang aufgehalten - als Pilot. Und er hat noch immer nicht genug vom Fliegen.
Von Hans Unger
In seinem Fliegerbuch ist das Datum fein säuberlich vermerkt: 17. Jänner 1957. Sein Erstflug bei der Heerespilotengruppe Hörsching, Fluggruppe 1. "Ich bin der einzige Pilot von damals, der heute noch immer fliegt."
Acht Jahre lang hat sich Atzgerstorfer so ziemlich mit allem in die Luft erhoben, was Flügel hat: Cessna, Piper, JAG 11, JAG 18. Atzgerstorfer: "Das waren alles Typen der ersten Generation." So nebenbei war er auch einer der wenigen Militär-Segelflugzeuglehrer.
Ein Segelflugzeug hat dann eines Tages sein Leben auf völlig neuen Kurs gebracht. Atzgerstorfer hatte gerade beim Militär seinen Dienst quittiert und und sich bei der Lufthansa zum Linienpiloten ausbilden lassen, da passierte es: In Erla (NÖ) wurde er bei einem Orkan von einem Segelflugzeug vom Typ "Specht" fast erschlagen. Schwere Kopfverletzungen und ein Bruch der Wirbelsäule waren das Ergebnis. Atzgerstorfer erinnert sich heute noch mit Schaudern: "Um ein Haar bin ich damals einer Querschnittlähmung entgangen". Seine Karriere als Linienpilot war somit vorbei, bevor sie noch begonnen hatte.
Doch Atzgerstorfer fand zum Pilotenleben zurück, wenn auch durch Zufall. Anlässlich seines Unfalls hatte er den Chirurgen Prof. Dr. Fritz Wechselberger kennen gelernt, damals Primar an der Unfallstation der Voest-Alpine. Mit dem innovativen Mediziner entwarf Atzgerstorfer die Vison von einem eigenen Flugrettungsdienst für verunglückte Voestarbeiter.
Aus der Vision wurde bald Wirklichkeit. Ambulanzjets gab es damals noch nicht, also wurden die ersten Patienten in einer umgebauten Cessna heimgeflogen. Schon im Jahre 1972 führte Atzgerstorfer den ersten Intensivflug in Europa durch. Ein bei Düsseldorf verunglückter Lkw-Fahrer wurde aus der Intensivstation abgeholt. Dabei musste in 8500 Metern Höhe sogar ein Herzkatheter gesetzt werden.
Keine Versicherung war damals bereit, das Risiko teurer Rettungsflüge zu tragen. Doch das Team Wechselberger/Atzgerstorfer ließ sich deshalb nicht entmutigen. Sie hatten den Grundstein für eine österreichische Flugrettung gelegt, um deren Kompetenzen sich später Innenministerium, Bundesheer, ÖAMTC, Rotes Kreuz und Private noch jahrelang streiten sollten.
Als die "Aktion 56" in der Voest Atzgerstorfer die Frühpension bescherte, ist er "fliegerisch nach Deutschland ausgewandert" und seither in Bad Füssing als Fluglehrer stationiert. Auch eine Notlandung auf einer nur 46 Meter langen Wiese bei Mondsee mit brennendem Motor hat seine Luftfahrt-Ambitionen nicht bremsen können: "Ich fliege weiter, solange ich gesund bin."
Leopold Atzgerstorfer
Geboren am: 3. 2. 1937 in Freistadt
Beruf: Fluglehrer
Werdegang: Militärpilot, Ausbildung zum Linien-
piloten bei der Lufthansa, Rettungssanitäter in der Voest, Fluglehrer (A, B, C, F), Internationaler
Motorflugschiedsrichter
Familienstand: ledig
Größter Wunsch: fliegen, so lange wie möglich;
Erfahrungen als Flugretter weitergeben