Nostalgie 2: 7 TAGE RUS, USB, KAS und MON mit TU-134A

Was habt Ihr erlebt, wie ist es Euch ergangen?
Eindrücke von Euren Flugreisen ...
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mach2
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Nostalgie 2: 7 TAGE RUS, USB, KAS und MON mit TU-134A

Post by mach2 » 20. Sep 2006, 21:52

Nostalgie 2: 7 TAGE RUS, USB, KAS und MON mit TU-134A

Die Reise fand Ende Juni 1992 statt. Für uns wurde für eine ganze Woche eine Tupolew 134A der AEROFLOT gechartert. Die 1. Strecke VIE nach SVO / Moskau. Parkposition vor dem Politikerterminal (bin kein Politiker) oder andere Delegationen.. Aus dem Flugzeug heraus ging’s über eine sehr breite Treppe hinauf zum Empfangssaal. Begrüßung, small talk.
Dann bin ich ins Stille Örtchen/Waschraum. Sämtliche Armaturen wie Wasserhähne waren abmontiert. Eh scho wissen.......

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N 2-01

Dann flogen wir weiter nach Tashkent/ Usbekistan. Übernachtung in einem Nomenklaturahotel. Viele ausgemusterte Verkehrsflugzeuge standen oder lagen am Airport herum und dienten auch als Ersatzteillager. Die 3. Strecke ging von Tashkent nach Alma Ata (Almaty/ Kasachstan).

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N 2-02

Die 4. Etappe sollte von Alma Ata nach Ulan Bator (nun Ulan Bataar)/Mongolei führen.
Ein wunderschöner Flug längs der Berge. Ich durfte ins Cockpit um zu fotografieren. 2 Piloten und ein Navigator oder Flugingenieur.

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N 2-03

Die Flugzeugnase besteht aus Glasfenster. Prima Sicht nach vorne unten. Sprach mit den Piloten über die Concorde und die TU144. Einer sagte mir, die TU144 fliegt nicht mehr und eine TU144 sei in einem Museum in Moskau ausgestellt.

Ich saß wieder auf meinem Sitz. Einige Zeit später erfolgte die Durchsage eines unserer Piloten, dass es nach vielen Versuchen nicht gelungen sei mit dem Tower in Ulan Bator Funkkontakt aufzunehmen und wir nun wegen Spritmangel auf einem russischen Militärflughafen landen müssen.

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N 2-04

KYZYL hieß der Ort oder die Stadt mit dieser Militärbasis.
Wir landeten, rollten zur Parkposition und die Triebwerke wurden abgeschaltet.

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N 2-05

Ich sah durchs Fenster, dass ein Reifen des linken Hauptfahrwerkes komplett abgefahren war und man die Karkasse sehen konnte. Zeigte das einigen Passagieren und dann wussten es auch gleich alle an Bord, dass wir einen neuen Reifen brauchen. Die Besatzung war auch informiert worden.

Wir wunderten uns, wann nun endlich das Betanken der Maschine beginnen würde. Nun kam Licht ins Dunkel, die Crew hatte US-Dollars in Bar an Bord, mit der der Sprit im Ausland wie Usbekistan, Kasachstan bezahlt werden musste bzw. der Mongolei bezahlt werden sollte und diese Länder für den Sprit keine Rubel akzeptierten. Da wir nun in Kyzyl außerplanmäßig wieder auf russischem Territorium landen mussten, akzeptierten nun wiederum die dortigen Behörden nur Rubel zur Bezahlung der Spritrechnung. Die Crew hatte aber nur Dollars. Also sollte bei der nächsten Bank im Ort Dollars in Rubel gewechselt werden. Dies ging aber nicht, da knapp vor dem Monatsultimo die vorhandenen Rubel für die Auszahlung der Löhne und Gehälter gebraucht würden. Bei der zweiten Bank soll die Umwechslung geklappt haben.

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N 2-06

Dann der Tankvorgang: Wir Passagiere mussten an Bord bleiben. Es erschien ein Tankwagen (Modell Wasserspritzwagen der Stadt Innsbruck der in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts, im Sommer den Asphalt mit Wasser kühlte, wenn dieser in der Hitze zu schmelzen begann). Eine Holzstaffelei wurde vom Tankwagen abgeladen, neben der Tragfläche aufgestellt und der Copilot stieg über diese auf die Tragfläche, öffnete den Tankdeckel und betankte unsere Maschine.

Auf dem Vorfeld standen jede Menge Militärflugzeuge. Funkkontakt zum Tower in Ulan Bator gab es immer noch keinen. Der Reifen wurde auch nicht gewechselt, war entweder nicht notwendig (was wir Passagiere bezweifelten) oder es gab keinen auf dieser Militärbasis.
Wir starteten (mein Blick war nur auf diesen kaputten Reifen gerichtet) zu unserem nächsten Etappenziel – Irkutsk. Das Essen war eine Katastrophe. Es gab die fetteste Wurst, die ich je gesehen hatte (gelbes Fett, ranziger Geruch) mit Reis. Ich hatte vorsorglich Speck mit Sauerteigbrot im Handgepäck und verköstigte mich selbst. Im Stillen Örtchen gab es ein Fenster in der Decke, durch das man das Leitwerk sehen konnte. Alle Stunden kontrollierte der Copilot, ob das Leitwerk vereist ist oder nicht. Die Spülung im Klo funktionierte nicht, oder es war keine Spülflüssigkeit vorhanden. Gut, dass es die Schwerkraft gibt. Das Klopapier wurde wahrscheinlich in einer Spanplattenfabrik und nicht in einem Zellstoffwerk hergestellt.

Die Landung in Irkutsk war sehr spannend. Zum Glück hielt der Reifen. Übernachtung im Flughafenrestaurant. Am nächsten Morgen sehr früh Tagwache, da wir nun die Landegenehmigung für Ulan Bator bekommen hatten. Beim Boarding in Irkutsk sahen wir, dass der kaputte Reifen ersetzt wurde. Dann Flug Irkutsk – Ulan Bator. Wir hatten aber alle Bordkarten mit Ziel Singapore bekommen. Da waren wohl keine anderen vorhanden.
Was soll`s, wir landeten tatsächlich in Ulan Bator.

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N 2-07

Wir fuhren mit einem Bus zum Hotel. Die Crew folgte uns in einem kleineren Bus zum gleichen Hotel. Zu unserem Erstaunen hatte die Crew alle Essenstrollies vom Flugzeug zum Hotel mitgenommen. Wahrscheinlich sollte in der Hotelküche das Catering gemacht werden. Wir trauten unseren Augen nicht, als eine Stewardess einen Trolly über eine kleine Türschwelle in die Hotelhalle rollen wollte. Die kleinen Rollen des Trollys blieben an der Schwelle hängen. Die Trollytüre war nicht verschlossen. Die Trays samt Inhalt flogen auf den Boden der Lobby. Mit Kehrschaufel, Besen und rotem Kopf reinigte die Stewardess den Boden. Uns tat sie leid.

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N 2-08 ULAN BATOR

Nächste Etappe Ulan Bator – Novosibirsk mit Tankstop. Dann flogen wir von Novosibirsk nach SVO/Moskau. Wir hatten die gleiche Crew eine Woche lang. In Moskau musste sie nun aussteigen, da die Tagesarbeitszeit der Crew überschritten war. Vom „fliegenden Wechsel“ der Crew zu einer neuen Crew kann keine Rede sein. Das AEROFLOT Crew Management war für einen Wechsel nicht vorbereitet. Wir warteten 3 Stunden auf die neue Besatzung. Dann ging’s auf die letzte Etappe SVO nach VIE.

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N 2-09


MfG mach2

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