FA der sichere Weg in die Arbeitslosigkeit?

Für alle nichtfliegerischen Plaudereien...
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hirschl
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FA der sichere Weg in die Arbeitslosigkeit?

Post by hirschl » 7. Jul 2007, 00:34

Immer wenn ich sage :"Hey ich werde Flugbegleiter:" :D
Sagen meine Eltern:"Das ist unter deinem Niveau, und der sichere Weg in die Arbeitslosigkeit." :shock:
Stimmt das?
Kann man FA werden obwohl man nur die Matura hat?
Kann man das ein Lebenlag sein?
Oder ist es wirklich der sichere Weg in die Arbeitslosgigkeit :?:
Lg Lukas

LOWA
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Post by LOWA » 7. Jul 2007, 07:06

Hallo Hirschl!

Die meisten (west-) europäischen Fluglinien verlangen als Grundvoraussetzung, damit sie Dich überhaupt zum Auswahlverfahren zulassen, Maturaniveau sowie eine abgeschlossene Berufsausbildung (Lehre, Fachschule, etc ...) , einige wenige auch die Matura selbst.

Bei den meisten Fluglinien wird großer Wert auf eine gute Allgemeinbildung, sowie ein höfliches Auftreten und gute Umgangsformen gelegt. In der Ausbildung wirst Du dann in erster Linie in Sachen Flugsicherheit und erst in zweiter Linie im Service (wobei das die Tätigkeit ist, welche Du - gott sei Dank - ein FB die meiste Zeit seines Berufslebens für den Pax sichtbar durchführt) geschult.

Mehrmals im Jahr hast Du theoretische und praktische Überprüfungen Deiner Kenntnisse.

Rein theoretisch kannst Du den Beruf natürlich ein Berufsleben lang machen. Gerade in den USA fliegen ungewöhnlich viele alte (jenseits der 50) Flugbegleiter. Das ist in Europa anders - hier ist das Gros der aktiven Flugbegleiter 18-25 Jahre, Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.

Es ist ein harter Job, den ich persönlich um nichts in der Welt machen wollen würde, wenngleich es früher auch einer meiner Traumjobs war.

Doch mit den Flugpreisen sinkt leider auch das Niveau der Paxe. Randalierer an Bord nehmen zu, Beschimpfungen und einfach schlimmstes primitiv-präpotentes Verhalten durch "sehr einfach gestrickte Paxe" um das mal höflich zu formulieren, die sich dank der sinkenden Flugpreise jetzt das Fliegen auch leisten können und sich benehmen, als hätten sie die ganze Fluglinie gekauft, sind an der Tagesordnung.

Dazu kommen gesundheitliche Risiken, denen man ausgesetzt ist. Infektionserkrankungen des HNO-Bereiches treten bei Flugbegleitern häufiger auf als beim Durchschnittsbürger. Außerdem sind sie oft stundenlang mit hunderten Menschen, die tlw. (unwissend) ansteckende Krankheiten (Tuberkulose, SARS, etc ... ) haben, in einer engen Röhre eingeschlossen.

Zu all dem kommt noch die Belastung durch den immer stärker zu Tage tretenden Raubtierkapitalismus, Du wirst - wie in leider immer mehr Jobs -massivst unter Druck gesetzt. Da ruft Dich Dein Arbeitgeber mitunter auch noch um 22 Uhr am Abend in Deiner Freizeit an, obwohl Du gar keinen Bereitschaftsdienst hast und probiert es so lange bis Du abhebst. Ein Drittel des Monats oder mehr schläfst Du in ausländischen Hotels und nicht im eigenen Bett, wobei das natürlich stark von der Fluglinie (manche LCC zB haben keine Nightstops) und davon, ob Du Kurz- oder Langstrecke fliegst, abhängt.

Meine Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber das ist's, was mir so auf Anhieb dazu eingefallen ist.

Als "sicheren Weg in die Arbeitslosigkeit" würde ich Flugbegleiter nicht bezeichnen. Es ist sicher eine interessante Aufgabe, für Flugbegeisterte durchaus auch ein Traumjob, aber einer der extrem hart geworden ist, und welchen deswegen wohl nur die allerwenigsten ein Berufsleben lang ausüben werden.

Mit einer abgeschlossenen Schul- und/oder Berufsausbildung in der Tasche, kannst Du danach jedoch in einen "gewöhnlichen" Beruf zurückkehren oder Dich akademisch (Studium) fortbilden.
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Re: FA der sichere Weg in die Arbeitslosigkeit?

Post by fly346 » 7. Jul 2007, 11:00

hirschl wrote:Kann man FA werden obwohl man nur die Matura hat?


Was soll man denn sonst noch benötigen, um FA zu werden?? Ein Hochschulstudium?? :shock: :lol:
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Post by TWA/VIE » 9. Jul 2007, 04:48

Doch mit den Flugpreisen sinkt leider auch das Niveau der Paxe.


Erstens sinkt auch das Niveau der Airline-Angestellten (sowohl am Boden als auch in der Luft) und
zweitens bezahlen auch diese Leute und bringen Geld und wollen als Kunden behandelt werden und überhaupt sind
drittens alle in diesem Geschäft auf alle Kunden angewiesen
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Post by LOWA » 9. Jul 2007, 06:02

Geiz ist geil - das Niveau sinkt ... ;) :)
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Post by TWA/VIE » 9. Jul 2007, 07:58

Vermögen hat nichts mit Niveau zu tun, genauso wenig wie die Bereitschaft mehr zu zahlen als notwendig
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Post by LOWA » 9. Jul 2007, 09:06

Servus TWA/VIE!

Bis zu einem gewissen Grad schon - ein Freund aus dem Reisebüro hat es so treffend auf den Punkt gebracht. Früher konnte sich einfach nicht jeder eine Flugreise leisten. Der Großteil derer, die es konnten, benahmen sich gesittet und anständig. Ausnahmen gab's natürlich auch hier. Auch die sozial schwächer gestellten, die 1-2 Jahre auf eine Flugreise sparten, bemühten sich nach Möglichkeit (Ausnahmen gab's hier natürlich auch) , sich angenmessen zu benehmen, weil es eben für sie etwas Besonderes war, auf das sie lange gespart hatten.

Und heute? Die Zahl der "unruly Pax" ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Viele - wie umschreiben wir's vorsichtig? - Personen mit schlechtem Job und sehr einfachem tlw. "primitivem" Gemüt leisten sich ihre 29 - 150 Euro Tickets und glauben dabei vielfach - plastisch ausgedrückt - "den Fliega und olle Rechte gekauft" zu haben.

Einfachste Benimmregeln und Höflichkeitsformen sind ihnen fremd. Da wird quer durch den (Linien-) Flieger gebrüllt, gerülpst, da werden die Flugbegleiter angepöbelt, beschimpft, da wird randaliert. Und wir sprechen hier nicht von Charterflügen, sondern von regulären Linienflügen. Am schlimmsten ist es bei den Billigfluglinien, ich musste im April so einen Flug selbst erdulden. Aber auch bei den klassischen Fluglinien nimmt die Zahl dieser Paxe - durch die ständig sinkenden Flugpreise - leider zu.

Vor 15 Jahren noch war so ein Verhalten noch nicht einmal auf Charterflügen die Regel, auch, wenn's dort immer schon etwas "derber" zugegangen ist.

Du hast einen weiteren wichtigen Punkt angesprochen, TWA/VIE - die Kosten. Für mein Dafürhalten darf, soll und MUSS Qualität sogar etwas kosten. Von 29 - 150 Euro Tickets halte ich gar nichts. Es soll wieder teurer werden, nicht teuer aber preiswert. Für eine Flugreise muss wieder ein realistischer Preis bezahlt werden.

Auch ich hab's nicht so dicke, auch meine Oma nicht, die seit Jahrzehnten ihre Schwester in Berlin besuchen fliegt - wir erinnern uns noch gut an die ATS 5000,-- (ca. EUR 300,--) Flugscheine nach TXL.

Aber ich denke ganz einfach, dass gewisse Mindestpreise bei Flugtickets ein Schritt in die richtige Richtung wären um die "Geiz ist geil" Spirale zu durchbrechen, mittel- bis langfristig einen (weiteren) Einbruch der Flugsicherheit, welcher meiner Meinung nach durch den ständig steigenden Kosten- und Zeitdruck bereits in einigen Bereichen stattgefunden hat zu unterbinden, das Niveau der Flugreisenden wieder zu heben (weil sich eben nicht mehr jeder wie selbstverständlich eine Flugreise leisten kann und diejenigen, die dann mühsam darauf sparen, es als etwas "Besonderes" ansehen und sich entsprechend verhalten werden) und damit auch den Anteil der "unruly Pax" etwas zu senken.

Ähnliche Probleme gibt's auch in anderen Branchen, keine Frage, aber das hier ist nun einmal ein Luftfahrtforum, weswegen wir über die Entwicklungen "unserer" Branche diskutieren. :)
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Post by TWA/VIE » 9. Jul 2007, 11:58

Es ist schon richtig dass sich früher nicht jeder eine Flugreise konnte, heute ist das zum Glück anders und das Flugzeug ist zu einem ganz gewöhnlichen Verkehrsmittel geworden, es ist eben keine Besonderheit mehr zu fliegen.
Dass so natürlich die Pax-zahlen steigen liegt in der Natur der Sache ebenso dass es auch so dazu kommt dass mehr Menschen auf Reisen sind die sich nicht zu benehmen wissen.

Schlechtes Benehmen, und das ist wohl was Du unter "Niveau" gemeint hast, zieht sich durch alle Bevölkerungs- und Einkommensschichten also macht es keinen Sinn Preise für Tkts zu erhöhen um "den Pöbel draussen zu lassen" (=absichtlich überspitzt formuliert).

Ich war einige Jahre viel in Deutschland unterwegs und damals gab es bei Inlandsflügen die Bistroecken an denen man sich vor dem Boarding verpflegen konnte, das war als Alternative zum Bordservice auf diesen (Ultra)kurzstrecken gedacht! Was sich da regelmässig abgespielt hat war schlimm: Fast alle (ausschliesslich Business-Typen) habe ihre Aktenkoffer mit Brötchen, Schokolade usw vollgepackt - als gäbe es ab morgen eine Hungersnot! - Das ist schlechtes Benehmen und Niveaulosigkeit.

Ausserdem leben wir in freiem Wettbewerb, also wird es ohnedies keine Mindestpreise geben! - was wäre der nächste Schritt? Maturanachweis vor dem Boarding?

Pöbelnde und zum Teil randalierende Gäste gibt es zB auch im Gastgewerbe unabhängig von den Preisen des Restaurants oder des Hotels - auch in der Luftfahrt müssen wir lernen mit solchen Kunden umzugehen

Die angesprochenen Billigtickets bieten einfach die Möglöichkeit vielen Menschen mal eben schnell aus dem Alltag auszubrechen - das ist aber die Art des Reisens der Zukunft - kürzer und öfter als selten und lang

Pecunia non olet - wir leben von und mit den Kunden. Besser Kunden die zahlen und ich verdrehe die Augen als keine Kunden und ich gehe pleite
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Post by LOWA » 9. Jul 2007, 19:07

@TWA/VIE

Ich kann Deine Argumentation - tlw. - nachvollziehen. Genau das ist aber auch die Schattenseite des freien Kapitalismus. Ich bin bei Gott kein Kommunist oder Sozialist, aber die absolut freie Marktwirtschaft, wie wir sie hier weitgehend erleben ist schlecht. Einfach nur schlecht, Unternehmen müssen sich geradezu - um (fast) jeden Preis "prostituieren" , weil sie auf jeden "Pöbel" (auch absichtlich überspitzt formuliert) angewiesen sind.

Ich habe auch nie geschrieben, dass sich Angehörige "höherer sozialer Schichten" (wie auch immer man das definieren mag) nicht "daneben" benehmen können. Aber um es zu versinnbildlichen - wenn ich in Kaisermühlen in irgeneine Eckkneipe gehe, werde ich dort eher einfach gestrickte Menschen vorfinden, mit kurzer Hose, rauchend, stinkend, brüllend, sich betrinkend, etc ... (absichtlich wieder überspitzt formuliert).

Im Plachutta hingegen wird's so etwas nicht geben. Und wenn dann nur im Ausnahmeeinzelfall.

Um wieder zur Luftfahrt zurückzukommen - Mindestpreise bei den Tickets und ein gewisser Mindesstandard beim Benehmen der Paxe wäre meiner Meinung nach dringend notwendig. Die Airlines sollten alle an einem Strang ziehen und Paxe, die sich nicht entsprechend benehmen (können) auf eine "Schwarze Liste" setzen. Solange wir jedoch diese - verdammte - "freie Marktwirtschaft" haben, beisst das Personal halt die Zähne zusammen, nur um den Kunden nicht zu verlieren. Das (Gesamt-) Niveau sinkt, die "Geiz ist geil" Spirale der "freien Marktwirschaft" dreht sich weiter.

Und das kann's ja auch nicht sein. :(
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