orf.at wrote:Opfer aus Gondel geschleudert
Mindestens neun Tote, darunter sechs Kinder, und mehrere schwer Verletzte - das ist die vorläufige Bilanz eines schweren Seilbahnunglücks in Tirol. Bei Reparaturarbeiten verlor ein Hubschrauber seine Fracht, einen 750 Kilo schweren Betonkübel. Der Teil traf ausgerechnet 200 Meter tiefer eine Kabine der Seilbahn. Zwei weitere Kabinen gerieten durch die Schwingungen des Seils außer Kontrolle. Mehrere Insassen wurden ins Freie geschleudert. Dieselbe Bahn war bereits vergangenes Jahr Schauplatz eines schweren Unfalls.
Betonteil traf Seilbahn
Alle Opfer sind Deutsche, darunter sechs Kinder. Ein schweres Seilbahnunglück hat am Montag im Gletscherskigebiet von Sölden vorerst neun Menschen das Leben gekostet. Mehrere schwer Verletzte wurden am Nachmittag in die Universitätsklinik Innsbruck geflogen.
Der Unfall wurde durch den Materialtransport eines Hubschraubers ausgelöst. Er verlor beim Transport seine Fracht, die auf die Seilbahn fiel.
Sturz aus 200 Meter Höhe
Ein 750 Kilogramm schwerer Betonbehälter war rund 200 Meter über der Bahn abgestürzt. Der Betonkübel prallte laut Liftgeschäftsführer Jakob Falkner direkt auf die zwischen dritter und vierter Stütze der Schwarzen-Schneid-Bahn fahrende Kabine, die aus der Verankerung gerissen wurde. Darin befanden sich fünf Personen, drei starben.
Zwei weitere Kabinen gerieten durch Schwingungen außer Kontrolle. In der oberhalb fahrenden Gondel waren acht Personen, sechs starben. Sie wurden mit den Fenstern ins Freie geschleudert. In der Kabine unterhalb waren drei Personen, eine davon wurde verletzt.
Sechs Kinder unter den Toten
Laut Sicherheitsdirektion stammen alle Todesopfer aus Deutschland. Dabei handelt es sich um sechs Kinder und drei Erwachsene.
Auf dem Gletscher herrscht derzeit Sommerskibetrieb. Vom Roten Kreuz waren Kriseninterventionsexperten unterwegs, um Angehörige zu betreuen.
Neben den neun Toten soll es sieben Verletzte geben, davon sind laut Rotem Kreuz fünf schwerstverletzt und in die Krankenhäuser nach Zams und Innsbruck geflogen worden. Zwei davon binden sich in in kritischem Zustand.
Im Einsatz standen mehrere Notärzte, 35 Sanitäter und zwölf Hubschrauber, darunter auch Maschinen der Polizei und des Bundesheeres.
300 Personen in Sicherheit gebracht
Im Skigebiet befanden sich laut Seilbahnbetreiber etwa 300 Personen. In den Gondeln waren zum Zeitpunkt des Unglücks in sechs Kabinen insgesamt 35 Menschen, davon waren 16 in den drei Kabinen. Die übrigen Passagiere mussten zum Teil von Hubschraubern in Sicherheit gebracht werden. Die Bahn war wegen eines herausgesprungenen Seiles nicht mehr in Betrieb zu nehmen.
Technisches Gebrechen?
Der Beton sollte bei der Bergstation zur Errichtung von Fundamenten verwendet werden. Der Chef der Salzburger Hubschrauberfirma, Roy Knaus, berichtete in einer Pressekonferenz davon, dass sein Pilot "unter Schock" stehe. Er habe "keine Erklärung", wie es zu dem Unglück gekommen sei.
Der Behälter befinde sich an einem Haken, der mechanisch und elektrisch ausgeklinkt werden könne. Die Untersuchung werde von einer Gerichtskommission durchgeführt, die auf dem Weg zur Unglücksstelle sei. Austrocontrol und Staatsanwaltschaft seien eingeschaltet. Es sei "zu früh", um als Ursache ein technisches Gebrechen oder menschliches Versagen nennen zu können, sagte auch Landespolizeikommandant Oskar Gallop.
Zweiter Unfall an "Unglücksbahn"
Die Seilbahn auf die 3.309 Meter hohe Schwarze Schneid auf dem Tiefenbachferner in den Ötztaler Alpen war in jüngster Zeit bereits einmal Schauplatz eines spektakulären Unfalles.
Im vergangenen Jahr hatte sich das Steuerseil mit einer leeren, talwärts fahrenden Gondel verhängt. Die Kabine war nach dem eingeleiteten Notbetrieb der Bahn abgestürzt.
113 Fahrgäste hatten in der Folge aus den stecken gebliebenen Gondeln einzeln - aus bis zu 50 Meter Höhe - abgeseilt werden müssen. Die Rettungsaktion Mitte November hatte mehrere Stunden gedauert. Verletzt wurde damals niemand.
Reparaturarbeiten wurden zum Verhängnis
Nach Untersuchungen war eine "Potenzierung von Schwingungen" der Auslöser für den seinerzeitigen Zwischenfall gewesen. Zwei Mitarbeiter der Bergbahnen waren vom Ministerium suspendiert worden.
Für die Wiederinbetriebnahme waren zahlreiche Auflagen gemacht worden, die unter anderem erst in der "schneefreieren" Zeit realisiert werden konnten. Die am Montag durchgeführten Materialtransporte dürften im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen stehen.
Fall für die Staatsanwaltschaft?
Bestätigt sich die vorläufige Theorie des Hergangs, dürfte das mit Sicherheit die zuständige Staatsanwaltschaft Innsbruck auf den Plan rufen. Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung bzw. fahrlässiger Gemeingefährdung erscheinen aus derzeitiger Sicht am wahrscheinlichsten.
Sollte das Unglück auf einen Fehler des Piloten zurückzuführen sein, sich wegen ungenügender Sicherung des Betonteils durch damit betraute Personen ereignet haben oder es keine bzw. unzureichende Vorschriften für die Sicherung des Transportguts gegeben haben, müssten die Betreffenden bzw. Verantwortlichen damit rechnen, zumindest wegen Fahrlässigkeit zur Verantwortung gezogen zu werden.
Weiters:
orf.at wrote:Neun Tote bei Gondelabsturz
Der Absturz einer Liftgondel hat am Montag im Gletschergebiet oberhalb von Sölden laut Polizei neun Todesopfer und sieben Verletzte gefordert. Laut Bahnbetreiber sind insgesamt drei Gondeln betroffen.
Sechs schwerst Verletzte
Als die Rettungskräfte Montagnachmittag bei der Unfallstelle eingetroffen sind, hat es für neun Abgestürzte keine Hilfe mehr gegeben, sie waren vermutlich auf der Stelle tot. Die Verletzten sind so schnell wie möglich versorgt worden sagt Notarzt Alois Schranz. "Es hat insgesamt sechs zum Teil wirklich schwerst Verletzte gegeben. Auffallend an der Situation war die psychische Betroffenheit der nicht unmittelbar Betroffenen, die Leute waren in einer psychisch sehr schweren Ausnahmesituation gewesen. Ich möcht hier betonen, dass wir von Anfang an die Kriseninterventionsteams des Roten Kreuzes mit insgesamt 25 Helfern vor Ort hatten, die die Leute betreuen", betont Notarzt Alois Schranz.
Hubschrauber verlor Betonkübel
Das Unglück hat sich kurz nach 13.00 Uhr im Ötztaler Gletscherskigebiet ereignet.
Zweihundert Meter über der Gondelbahn verlor ein Hubschrauber einen Kübel mit 750 Kilogramm flüssigem Beton. Dieser Kübel krachte ersten Angaben zufolge genau auf das Seil der Schwarze-Schneid-1-Bahn auf über 3300 Metern Seehöhe. Dadurch wurde das Seil vermutlich so stark in Schwingung versetzt, dass sich eine Gondel ausklinkte und rund fünfzehn Meter in die Tiefe stürzte.
Die meisten Todesopfer habe es aber in einer anderen Gondel gegeben, berichten die Einsatzkräfte. Die Passagiere seien durch die Wucht der Schwingung aus dieser Gondel geschleudert worden.
Die neun Todesopfer sollen Urlauber sein, überwiegend junge Menschen, die im Tiroler Gletscherskigebiet unterwegs waren.
Zwölf Hubschrauber im Einsatz
Der Zwischenfall ereignete sich in der Nähe der Bergstation der "Schwarze Schneid I"-Bahn, die den Rettenbach- mit dem Tiefenbachferner verbindet.
Im Einsatz standen mehrere Notärzte, 35 Sanitäter und zwölf Hubschrauber, darunter auch Maschinen der Polizei und des Bundesheeres. Die Bergung der Toten und Verletzten ist inzwischen abgeschlossen.
Katastrophenplan in Klinik
An der Klinik Innsbruck ist unterdessen der Katastrophenplan in Kraft getreten. Das Klinikpersonal ist alarmiert worden, Betten wurden eiligst freigemacht. Zwei verletzte Kinder befinden sich bereits auf der Klinik Innsbruck sagt der Leiter der Chirurgie Professor Michael Blauth:
"Die Kinder sind mittelschwer verletzt, es besteht zurzeit für keines der Kinder Lebensgefahr, sie müssen aber trotzdem intensivmedizinisch betreut werden. Wir erwarten noch zwei weitere Kinder, wir wissen noch sehr wenig über die Verletzungen und die Umstände."
Zwei verletzte Kinder sollen ins Krankenhaus Zams eingeliefert worden sein.
Woher die Verletzten stammen. Wie sie heißen, das alles müsse noch eruiert werden, dann könne man auch die Eltern informieren, sagt Klinikvorstand Blauth.
Interessiere bei Gericht
Wie es zu dem folgenschweren Unglück im Ötztaler Gletscherskigebiet gekommen ist, das interessiert auch das Gericht. Die Vorerhebungen haben sofort nach Bekannt werden des Unglücks begonnen.
Vorerhebungen wegen fahrlässiger Tötung
Wer hat Schuld an dem Unglück, bei dem neun Menschen ums Leben gekommen sind? War es menschliches Versagen oder ein technisches Gebrechen? Wenn auch laut Pressekonferenz alles auf ein technisches Gebrechen hindeutet, so hat die Staatsanwaltschaft dennoch beim Untersuchungsrichter Vorerhebungen wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen und wegen Gemeingefährdung beantragt - wie in solchen Fällen üblich.
Lokalaugenschein
Eine Staatsanwältin und Untersuchungsrichterin waren sofort unterwegs zum Lokalaugenschein. Sämtliche unfallrelevanten Teile sind beschlagnahmt worden. Von besonderem Interesse wird dabei die Halterung des Betonkübels sein. Der Kübel hatte sich aus der Verankerung gelöst - warum, das war dem Piloten angeblich völlig rätselhaft. Es habe vor dem Unglück keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass irgendetwas außer Plan laufe, erklärte der Chef der Transportfirma, Roy Knaus, gegenüber ORF Radio Tirol.
Flugunfall-Untersuchungsstelle
Auch Beamte der österreichischen Flugunfall-Untersuchungsstelle sind an Ort und Stelle, um zu eruieren, wie es zu dem tragischen Unglück kommen konnte.
Transport war nicht genehmigungspflichtig
Von einem "tragischen Unglück", das zeige, "wie wichtig es ist, alle Sicherheitsvorkehrungen korrekt einzuhalten", sprach am Montag das Verkehrsministerium.
Lastenflüge seien allerdings nicht genehmigungspflichtig, erklärte Carl Ferrari-Brunnenfeld, Sprecher von Verkehrsminister Hubert Gorbach (BZÖ).
Für den Transport und die ordnungsgemäße Sicherung der Materialien haftet das Unternehmen.
Hotline eingerichtet
Das Land Tirol hat Montagnachmittag eine Hotline zur Integrierten Landesleitstelle Tirol geschaltet. Betroffene können Auskünfte in Zusammenhang mit dem Unglück bekommen.
Die Nummer lautet: 0800-800 502
Unglücksbahn war 2004 Schauplatz für Unfall
Die Seilbahn auf die 3.309 Meter hohe Schwarze Schneid auf dem Tiefenbachferner in den Ötztaler Alpen war in jüngster Zeit bereits einmal Schauplatz eines spektakulären Unfalles.
Im vergangenen Jahr hatte sich das Steuerseil mit einer leeren, talwärts fahrenden Gondel verhängt. Die Kabine war nach dem eingeleiteten Notbetrieb der Bahn abgestürzt.
113 Fahrgäste hatten in der Folge aus den stecken gebliebenen Gondeln einzeln - aus bis zu 50 Meter Höhe - abgeseilt werden müssen. Die Rettungsaktion Mitte November hatte mehrere Stunden gedauert. Verletzt wurde damals niemand.